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Corinnas Weihnachtsfest

© Katja


Es hatte schon Tradition, dass das Weihnachtsfest jedes Jahr von einem anderen Familienmitglied veranstaltet wurde. 2001 lud Martha, Corinnas Mutter, alle zu sich ins große Haus ein. Sie servierte Fisch, Wein und Plumpudding auf weißem Porzellan mit goldenem Besteck, um vor versammelter Runde eine Rede darüber zu halten, wie viel der Lachs gekostet hatte, wie beschwerlich es für sie war, die gewichtigen Kisten mit den edlen Tröpfchen vom Keller in die Küche zu transportieren, und um jedem nahe zu legen, auf das Porzellan zu achten, weil es davon nichts mehr nachzukaufen gab. Ein Jahr darauf gab sich Tante Viktoria die Ehre. An dieses Fest erinnerte sich Corinna gerne zurück, das ganze Haus war festlich geschmückt, das einfache aber köstliche Mahl wurde im gemütlichen Esszimmer serviert und Tante Viktoria brachte allein mit ihrer herzlichen Art den ganzen Raum zum Leuchten. 2003 mussten alle zu Cousine Traude in das tief verschneite Kaff Lachdorf fahren. Eine Stunde dauerte die Autofahrt. Max, Corinnas Mann, hatte Mühe, den alten Golf auf der eisigen Fahrbahn zu halten, während sie sich einer langen Diskussion mit ihren Teenager-Söhnen stellen musste, warum sie nicht zu Hause bleiben konnten. Beinahe so eisig wie die Fahrbahn präsentierten sich Cousine Traude und ihr Lebensgefährte Willhelm, die beiden hatten weder Humor noch gaben sie einem das Gefühl willkommen zu sein. Sie erfüllten sozusagen ihre Pflicht, eine Weihnachtsfeier für die Familie zu geben und waren froh, als alle um sieben Uhr wieder gingen, nachdem das letzte Wurstbrot gegessen und der ganze Most getrunken war. Im letzten Jahr lud die verrückte Rebecca alle zu einer Art Weihnachtsparty mit viel Punsch, einem blauen Weihnachtsbaum aus Plastik und Geschenken, verpackt in bunt bemalten Bohnendosen ein. Corinnas Tante, die in Künstlerkreisen als Malerin bereits einen Namen hatte, überraschte immer wieder mit Außergewöhnlichem, so wurde es auch 2004 ein Weihnachtsfest der etwas anderen Art.
Da Corinna doch eher der etwas konservative Typ war und auf eine echte Tanne mit selbst gebastelten Strohsternen, einen saftigen Gänsebraten mit Kraut und Knödel sowie "Stille Nacht" unterm Christbaum stand, beschloss sie zum Fest der Liebe im Jahr 2005 alle zu einem besinnlichen Beisammensein in ihr trautes Heim einzuladen.
Es sollte das perfekte Weihnachtsfest werden. Corinna wusste, dass alles an ihr hängen blieb, weil Max und die Kinder, Tom und Benjamin nie einen Finger krumm machten wenn es um Häusliches ging. Es war ihr aber durchaus bewusst, dass sie dies selbst zu verschulden hatte, weil sie ihre Männer immer schon verwöhnte, sie bekochte und ihnen jeden Wunsch von den Augen ablas.
Vier Tage vor dem Weihnachtsfest holte Corinna die gut sortierten und ordentlich beschrifteten Schachteln mit den Strohsternen, den roten Weihnachtskugeln und den kitschigen Engeln, natürlich selbst gemacht, vom Dachboden, um den Wohn und Essbereich zu dekorieren. Als sie die erste Schachtel öffnete, blieb Corinna beinahe die Luft weg, jeder einzelne Strohhalm, aus dem die Sterne bestanden, bog sich in eine andere Richtung, jede Form war zu finden, nur nicht die eines Sternes. Auch der zweite Karton barg eine böse Überraschung, sämtliche Kugeln hatten ihre rote Farbe verloren, wie abgeleckt sahen sie aus. Plötzlich wurde Corinna der Grund für den verunstalteten Weihnachtsschmuck klar, die Schachteln standen das ganze Jahr über unter dem halb geöffneten Fenster, wo bei jedem heftigen Regenfall Wasser in den Dachboden gelangte. Wütend über ihre eigene Nachlässigkeit sortierte Corinna die halbwegs brauchbaren Kugeln und Sterne aus und stopfte den Rest in die Mülltonne.
Am nächsten Tag machte sie sich auf in den nächsten Laden, um Bastelutensilien zu besorgen, schließlich mussten etwa zwanzig Sterne und mindestens fünfzehn Engelchen hergestellt werden. Die neuen Christbaumkugeln besorgte sie am Weihnachtsmarkt in der Stadt, sie freute sich über ihre erstandenen roten, goldenen und weißen Kugeln, die jeweils einen Schneemann oder ein Christkind mit silbernen Flügelchen zierten. Gleich am Abend setzte sie sich ins Wohnzimmer und begann Weihnachtsschmuck zu produzieren, während Max ihr die Bude mit seiner Havanna voll qualmte und die Jungs im Keller mit ihrer Band die Beatles lautstark wieder aufleben ließen. Sechs Stunden bastelte Corinna an ihren Figuren und schmückte danach sofort die Fenster und Türen, den Tisch und den schönen offenen Kamin im Wohnzimmer.
Am nächsten Morgen war Corinna wohl die einzige, die sich über die gelungene Weihnachtsdekoration freute, aber es war ihr egal, mittlerweile hatte sie sich daran gewöhnt, dass Max und die Jungs frei waren von Vorlieben für Festliches und wohnliche Accessoires. Als ihr Mann bereits in seiner Werbeagentur und Tom und Benjamin in der Schule waren, genoss Corinna eine Tasse Kaffee in ihrem gemütlichen Esszimmer und begann eine lange Einkaufsliste für das Festmahl, das sie am 24. Dezember bereiten wollte, aufzusetzen. Sie versuchte so gut wie möglich alle eigenartigen Vorlieben ihrer Verwandten mit einzuplanen.
Kurz nach Mittag, nachdem sie für ihre Söhne wie üblich gekocht hatte, machte sie sich auf den Weg in das große Einkaufszentrum. Dort würde sie sicher alle noch ausständigen Weihnachtsgeschenke finden und im Lebensmittelmarkt konnte sie alles Nötige fürs Essen und die Weihnachtskekse besorgen. Der Einkaufspark war so voll gestopft mit Waren und Menschen, dass man sich nur langsam fortbewegen konnte. Genervte Ehemänner waren auf der Suche nach Schmuck oder zu knappen Dessous für ihre Frauen, angespannte Verkäuferinnen versuchten mit einem Lächeln auf fluchende Kunden zu reagieren und alle fünf Minuten wurde "Jingle Bells" für eine Durchsage unterbrochen weil ein Kleinkind seine Mama suchte. Corinna ließ sich aber wie gewöhnlich nicht aus der Ruhe bringen, schließlich war Advent und sie freute sich bereits auf ihr Fest.
Für die seitenlange Einkaufsliste war sie sehr schnell und hatte gleich alles beisammen, was sie zum Kochen und Backen benötigte. Mit voll gepackten Einkaufstüten machte Corinna sich auf den Nachhauseweg. Am Hauptplatz der Stadt war eine kleine Bühne aufgebaut, auf der eine fetter Weihnachtsmann saß von vier Holz-Rentieren umgeben. Alle kleinen Kinder konnten sich auf seinen Schoß setzen, sich mit ihm unterhalten und erhielten anschließend eine riesige Zuckerstange. Corinna wunderte sich über den großen Ansturm der Eltern mit ihren Kindern, sie selbst hatte nichts für Weihnachtsmänner und Rentiere übrig, schließlich lebte sie in Österreich und hier gab es ein Christkind und Lebkuchen.
Endlich zu Hause angekommen versuchte sie den Kühlschrank und das Gefrierfach so gut einzuräumen, damit alles seinen Platz fand und machte sich gleich daran Vanillekipferl, Punschkrapfen und Schokoladekekse zu backen.
Sie knetete, formte und fütterte ihren Heißluftofen bis spät in die Nacht.
Es wurde wunderbares Gebäck und das ganze Haus duftete nach Zimt und Schokolade. Vier Dosen voll mit köstlichen Süßigkeiten hatte sie fabriziert.
Am nächsten Morgen beschloss Corinna lange zu schlafen, schließlich hatte sie es sich verdient. Tom und Benjamin konnten sich ja auf dem Schulweg etwas zu essen besorgen und Max´ Sekretärin bewirtete ihren Chef ohnehin so gerne im Büro. Als Corinna um neun Uhr aufstand und in die Küche ging um Kaffee aufzusetzen, musste sie mit Entsetzen feststellen, dass nur noch zwei Keksdosen da waren und die waren halb leer. Bald klärte sich schon auf, wo die andern zwei verblieben waren. Tom und Benjamin hatten das Weihnachtsgebäck zum Frühstück verzehrt und den Rest in der Schule verteilt und Max nützte die Gelegenheit, seinen Kunden die köstlichen Leckerein im Büro anzubieten. Corinna war verärgert. Nicht die Tatsache, dass ihre Männer die Kekse einfach mitnahmen um sie an verfressene Schüler und Kunden zu verteilen, sondern die Ignoranz störte sie. Es müsste ihnen doch klar gewesen sein, dass die Vorbereitungen dem Familienfest galten. Sie hätten nur einen Ton sagen müssen und Corinna hätte mehr und früher eingekauft für das Vorhaben ihrer Lieben. Jetzt konnte sie sich nicht wieder stundenlang in die Küche stellen, schließlich war der 23. Dezember und Corinna musste noch das ganze Haus putzen, was sowieso den ganzen Tag in Anspruch nehmen würde, wenn sie nicht durch den "Staub-Test" ihrer Mutter fallen wollte. Also beauftragte sie Max, Kekse zu kaufen. Bei den Worten "Kekse kaufen" schüttelte es Corinna, sie hasste nichts mehr als geschmacklose Weihnachtsbäckereien, die nach einer langen Reise über eine Produktions- und Verpackungsstraße, gepackt auf mehrere Lastwagen zerbröselt auf dem Festtisch ankamen und niemandem wirklich Freude bereiteten.
Am 24. Dezember war Corinna die erste, die aus den Federn kroch. Sie hatte noch eine Menge Arbeit vor sich und ihre Gäste waren schon für fünf Uhr eingeladen. Um elf weckte sie Max: "Komm Liebling, du musst aufstehen, der Christbaum ist noch zu kaufen". Jedes Jahr besorgte Max in letzter Minute den Weihnachtsbaum, weil er billiger war. Obendrein war er auch schiefer als die teuren Tannen und Corinna befürchtete, dass es noch eine Menge Ärger geben würde, bis der Baum endlich im Wohnzimmer seinen Platz hätte.
Corinna war in der Küche und bereitete zwei Gänse vor und die Knödel. Es schlug zwei Uhr und Max war immer noch nicht da mit dem blöden Baum.
Endlich, eine Stunde später kam er, eine riesige Tanne hinter sich herschleifend, die bereits im Flur braune Nadeln ließ. "Oh mein Gott", schrie Corinna "was ist denn das?"
"Na unser Weihnachtsbaum, schön was?", lallte Max, der anscheinend noch eine interne Weihnachtsfeier mit seinen Sparvereinkumpels hinter sich gebracht hatte.
"Na dann pack mal aus den Traumbaum und sieh zu, dass er wenigstens gerader steht als du", befahl Corinna und widmete sich wieder ihren Knödeln.
Es war kaum zu glauben, Max schaffte es, innerhalb kürzester Zeit den Baum aufzustellen und die Seite mit den meisten braunen Nadeln geschickt zu verstecken. Begeistert machte sich Corinna daran den Baum zu schmücken, als es an der Tür klingelte. Als sie hörte, dass Benjamin beim Öffnen der Tür "Hallo Oma Martha" rief, wurde Corinna plötzlich heiß. Was wollte ihre Mutter jetzt schon hier? Warum konnte diese Frau nicht wie alle anderen eine halbe Stunde zu spät zu einer Einladung erscheinen?
"Hallo Kind", begrüßte Martha ihre Tochter "ich wollte dir unter die Arme greifen, denn ich kann mir bei besten Willen nicht vorstellen dass du es schaffst, pünktlich ein Essen auf den Tisch zu bringen, das überfordert dich doch, Mäuschen".
"Hallo", schoss Martha forsch zurück und schmückte ihren Baum weiter.
Da ihre Mutter nun sowieso hier war konnte sie auch helfen, dachte sie sich, und bat Martha, sich um die beiden Gänse im Backofen zu kümmern, und zu sehen, dass sie nicht anbrannten. Außerdem konnte sie die Knödel ins Wasser legen und sie zehn Minuten kochen lassen.
Gerade als Corinna den schönen großen Weihnachtsstern auf die Baumspitze platzierte, vernahm sie einen eigenartigen Geruch. Die Gänse! Corinna rannte in die Küche und öffnete das Rohr um das Vieh vor Schlimmerem zu bewahren.
Ein Viertel jeder Gans war ungenießbar und die Teile, die serviert werden konnten, würden wohl nicht ausreichen um alle satt zu kriegen. Beim Blick in den Kochtopf bot sich Corinna auch kein guter Anblick: die Knödel badeten bereits zu lange im Wasser und begannen zu zerfallen.
Martha stand währenddessen im Badezimmer und sprühte sich gerade mit Corinnas teurem Parfum ein, als ihre Tochter wütend fragte: "Warum hast du nicht auf das Essen in der Küche geachtet? Ich dachte du wolltest mir helfen!"
Martha meinte nur, sie hätte nicht auf die Uhr gesehen und außerdem sei das Parfum viel zu süß für ihren Geschmack.
Wie üblich fasste sich Corinna schnell wieder und begann den Tisch festlich zu decken. Goldsterne und lange Kerzen gaben den letzten Schliff. Als Tom vorbeirauschte bat Corinna ihn, doch mit seinem Bruder ein paar Weihnachtslieder auf der Gitarre zu spielen, das würde sicher alle freuen. "Vielleicht", antwortete Benjamin gelangweilt, und Corinna wusste dass sie nicht mit einem Live-Konzert ihrer Söhne rechnen durfte.
Um Punkt fünf hatte Corinna das Essen gerettet, Baum und Tisch geschmückt und selbst sie strahlte in ihrem neuen Kleid. Sie hatte dieses ausgewählt, weil sie sicher war, dass Max ihr heute die schöne silberne Uhr schenken würde, die sie beim letzten Stadtbummel mit ihm so bewundert hatte und sicher gut dazu stehen würde.
Endlich trafen nacheinander die geladenen Familiemitglieder ein. Tante Rebecca, gehüllt in einen giftgrünen Umhang, platzierte gleich ihre Bohnendosen dekorativ unter den Weihnachtsbaum und Tante Viktoria, die gemeinsam mit Rebecca erschien, begrüßte alle herzlich und freute sich sichtlich über die Einladung. Traude und Willhelm kamen in Begleitung ihres unerzogenen Langhaardackels Ringo, dessen Fell genauso grau und ungepflegt wie Willhelms letzte Haare waren. Ob sich in diesem Fall der Hund dem Menschen oder der Mensch dem Hund anpasste, war nicht mehr zu klären.
Als die Begrüßungsrunde vorbei und ein wenig Ruhe in die aufgebrachte Meute eingekehrt war, bat Corinna alle, sich an den Esstisch zu setzen. Martha ließ es sich nicht nehmen und servierte nach der Suppe die noch essbaren Gänseteile und die Knödelreste, die sich nicht aufgelöst hatten. Sie fügte bei jedem Teller, den sie überreichte, hinzu "Corinna hat einfach vergessen, nach den Gänsen zu sehen, kann ja passieren."
Nachdem alle aufgegessen hatten, bat Max Benjamin die Christbaumkerzen anzuzünden und anschließend die Geschenke zu verteilen.
"Eine wunderbare Idee", meinte Tante Rebecca, "aber vorher bringe ich noch meine Spritzkerzen mit Spezialeffekt am Baum an, ein Traum sag ich Euch".
Corinna versuchte Rebecca davon abzuhalten, weil sie ja wusste wie braun und trocken der Baum auf der hinteren Seite war, aber sie ließ es sich nicht nehmen und montierte ihre Wunderkerzen, wo sie nur Platz dafür fand. Benjamin zündete alle Kerzen an und Max drehte das Licht ab. Es war wunderschön, die ganze Familie stand im Wohnzimmer vor der großen beleuchteten Tanne und bewunderten sie. Eine friedliche und ruhige Stimmung stellte sich ein und alle waren glücklich.
Doch plötzlich geschah etwas Schreckliches. Innerhalb von Sekunden fingen ein paar Äste Feuer, es wurde heiß und alle bekamen Panik. Tante Traude begann hysterisch zu schreien: "Feuer, Hilfe, der Baum brennt, tut doch was", als hätte das außer ihr noch keiner bemerkt. Der einzige, der trotz seines Weinrausches schnell reagierte, war Max. Er holte den Feuerlöscher aus der Küche und schaffte es, die Flammen zu bekämpfen bevor die nahe stehenden Möbel Feuer fingen.
Allmählich stellte sich Erleichterung ein. Corinna öffnete schnell alle Fenster, um den schrecklichen Rauch aus dem Raum zu bringen. Ihre Knie zitterten, sie hasste Feuer und außerdem war sie wütend auf Rebecca, die wieder mal ihren Willen durchsetzte und auch über Max, der immer die mieseste und dürrste Tanne kaufte, ärgerte sie sich.
Trotz allem blieben die Verwandten sitzen. Nachdem sie ausdiskutiert hatten, warum das Feuer ausgebrochen war und Max zum Helden des Abends erklärt hatten, machten sie sich über die Geschenke her. Was das anging, gab es nur wenige Überraschungen. Oma Martha verschenkte jedes Jahr selbst gestrickte Pullover die niemand tragen konnte weil die Ärmel immer zu kurz waren, von Traude und Wilhelm bekam jeder Naschereien, die entweder abgelaufen waren oder einfach nur ekelhaft schmeckten, und mindestens ein Familienmitglied schnitt sich die Finger an Rebeccas Bohnendosen auf. Dieses Jahr traf es Wilhelm, was Corinna insgeheim belustigend fand. Tante Viktoria war anscheinend die einzige, die sich wirklich Gedanken machte und mit ihrem wenigen Geld für jeden etwas Persönliches kaufte und damit wirkliche Freude bereitete.
Max überreichte Corinna feierlich ihr Geschenk. Es war ein ziemlich großes Paket. "Oh, du hast ein riesiges Packerl gemacht, damit ich nicht gleich dahinter komme was drin ist, stimmt´s Max?", scherzte Corinna und öffnete die rote Masche. Als sie auspackte, musste sie leider feststellen, dass es sich um keinen Scherz handelte. Max hatte ihr ein Multifunktionsbügeleisen geschenkt. Er freute sich über sein Geschenk anscheinend mehr als seine Frau, und sagte stolz "damit kannst du unsere Hemden jetzt noch flotter und noch glatter bügeln und der Stromverbrauch ist auch geringer, toll was?"
Corinna konnte ihre Enttäuschung nur schwer verbergen bedankte sich aber mit einem flüchtigen Kuss bei Max. Wie sehr hatte sie sich die silberne Uhr gewünscht. Sie war sich sicher, dass ihr Mann die Anspielungen verstanden hatte. Es war ja keine außergewöhnlich teure Uhr, aber sie hatte etwas Besonderes. Plötzlich befürchtete Corinna, dass Max ihr gar nicht mehr richtig zuhörte. War es bei ihnen soweit gekommen wie bei den vielen anderen Ehepaaren aus ihrem Bekanntenkreis, hatten auch sie sich schon auseinander gelebt? Corinna ging mit ihren traurigen Gedanken in die Küche um die "Fabrikskekse" zu holen. Sie überhörte, was ihre Mutter zum Weihnachtsgebäck zu sagen hatte, und auch das Geschmatze von Traude störte sie diesmal nicht sonderlich. Es war ihr einfach zu viel. Die verkohlte Gans, zerkochte Knödel, ein Christbaumbrand und ein Bügeleisen waren wirklich nicht das, was sie sich von dem Fest erhofft hatte.
Nachdem alle satt und heimgegangen waren, machte Corinna alles sauber. Sie legte sich ins Bett und beschloss, nie wieder ein Weihnachtsfest bei sich zu Hause zu veranstalten, und außerdem wollte sie sich ab sofort mehr Zeit für sich nehmen. Das waren feste Vorsätze fürs nächste Jahr und für den Rest ihres Lebens.
Als sie am nächsten Morgen aufwachte, staunte Corinna dass ihr Mann bereits auf war. Sie ging ins Bad und anschließend ins Wohnzimmer. Was sie da erwartete konnte sie kaum glauben. Max, Tom und Benjamin saßen, jeder mit einer Gitarre bestückt, auf dem Sofa, alle drei trugen einen Anzug und Krawatte. Sie begannen gemeinsam "Stille Nacht" zu spielen und bedankten sie sich für das schöne Weihnachtsfest.



Eingereicht am 24. Oktober 2005.
Herzlichen Dank an den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors.

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