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Fröhliche Arschnacht ihr Weihnlöcher

© Annette Weimer


"Fröhliche Arschnacht ihr Weihnlöcher", rief der betrunkene Penner, als er die Straße zum Parkhaus in der Stadtmitte lief. Dort wollte er für die kommende Nacht sein Lager aufbauen. In seiner linken Jackentasche an seinem Parka schaute die Flasche Mirabellenschnaps heraus, die er sich heute Nachmittag von seinem erbettelten Geld gekauft hatte. Es war die Weihnachtsnacht und er hasste diese Nacht, genau wie jedes Jahr. Er schniefte, zog die Nase hoch und wischte sich mit dem Ärmel das herausgelaufene Sekret ab. Er hatte eine Erkältung.
Schwankend kam er am Parkhaus an. Dort unten wo es in die Tiefgarage ging konnte er sich ganz dicht an den Rand der Einfahrt legen, denn dort blies immer ein sehr warmer Wind. Das war wohl die Heizung der Tiefgarage. Hoffentlich jagten ihn heute Nacht die Polizisten nicht wieder weg. Er rollte seinen Schlafsack auf und schlüpfte schnell hinein. Der Flachmann in der Tasche drückte ihm in die Seite und erinnerte ihn daran, dass er noch einen großen Schluck nehmen wollte, was er auch sogleich tat. Brennend und kalt lief die Brühe durch seinen Mund und gab ihm einen süßen und sehr befriedigenden Geschmack. Es brannte in seinem Hals aber immer nur ganz kurz. Er lächelte zufrieden vor sich hin und schlief dann ein. Die Flasche in seiner Hand fiel herunter und der Rest des Inhalts lief langsam die Auffahrt hinunter. Er bemerkte es nicht mehr.
Früher war alles ganz anders. Ingenieur war er gewesen. Er hatte ein tolles Gehalt gehabt und das Glück schien auf seiner Seite zu sein. Es war alles perfekt. Seine Frau war wunderschön, beinahe zerbrechlich schön und er hatte sie schnell geheiratet, nur damit sie ihm kein anderer wegnahm. Sie hatten ein kleines Reihenhaus gekauft und waren dort sehr glücklich miteinander gewesen. Sie hatte sich so sehr ein Kind gewünscht und dann wurde sie schwanger. Es folgten neun tolle Monate voller Zuversicht, Hoffnungen, Verliebtheit und Pläne. Die Kindermöbel kaufen war einfach toll gewesen. Sie hatte so gestrahlt, als das Zimmer fertig eingeräumt war und das Mobile über dem Bett befestigt wurde. Den Ausdruck in ihrem Gesicht würde er nie vergessen. Dann kam die Geburt. Ein Junge. Sie hatten sich so sehr darauf gefreut und die Geburt war schrecklich gewesen und dann ... war das Kind tot. Sie hielt es eine Weile im Arm und wollte es nicht mehr hergeben. Als sie es ihr wegnahmen, schrie sie kurz laut auf und von da an wurde alles anders. Sie veränderte sich. Als ob ihre Liebe aufgehört hätte mit der Geburt dieses Kindes, genau so war es. Sie veränderte sich. Sie verliebte sich in einen anderen Mann und verließ ihn bereits ein Jahr später. Sie sagte nur: "Ich will weg von dir". Das war alles. Das Unglück war das zweite einer langen aufeinander folgenden Reihe.
Zuerst war diese Geschichte mit seinem Kind, dann die Frau weg, dann der Alkohol, den er brauchte um diese Schmerzen zu betäuben und daraufhin wurde er entlassen. Das Geld für das Haus und die Unterhaltszahlungen machten den Rest von ihm zunichte. Er wurde schneller ein Sozialfall als er sich umsehen konnte und so lag er nun da. Bereits seit 6 Jahren lebte er nun schon auf der Straße. Er hatte den Halt verloren, alle Verwandten und auch alle Freunde. Pah, welche Freunde? Hatte er die jemals wirklich gehabt? Er konnte sich nicht mehr erinnern. Das war das Schlimmste, dass da niemand mehr war, der ihm Halt gab. Niemand.
Wirklich niemand? Am nächsten Morgen, als er erwachte lag er in seinem Bett. Geweckt hatte ihn ein Kitzeln an den Füßen. Verblüfft und noch im Halbschlaf schaute er hinunter und dann hörte er das Kinderlachen, das ihn schon so lange glücklich machte. Sein Sohn hatte sich versteckt, hatte ihn geweckt und dabei mit seinen kleinen Kinderfingern an den Zehen gekitzelt. "Papa, du sollst jetzt endlich aufstehen und zum frühstücken kommen. Die Mama ist schon ganz böse!" Mann, das war wieder ein Alptraum gewesen, doch er wusste genau warum er diesen Traum geträumt hatte. Jeden Morgen fuhr er mit seinem SLK zur Arbeit in die Tiefgarage und dort lag jeden Morgen dieser Mann neben der Einfahrt. Alle regten sich über ihn auf und es war am Vortag sein Auftrag gewesen, die Polizei über das unflätige Verhalten dieses Mannes zu informieren. Welches Schicksal mochte dieser Mann wohl gehabt haben? Er räkelte sich noch einmal wohlig in seinem warmen Bett und beeilte sich, damit seine schöne Frau nicht noch ärgerlicher wurde, denn schließlich war ja heute Weihnachten ... Tag der Besinnung und der Freude.



Eingereicht am 04. Dezember 2004.
Herzlichen Dank an den Autor.
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