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Das Geisterhaus

Von Sebastian Rogalinski


Diese Geschichte basiert teilweise auf einer wahren Begebenheit.
Sebastian schaute aus dem Fenster, doch er sah nichts Außergewöhnliches: Der Wind spielte mit den Blättern, und ein Mann fuhr über den Bolzplatz, der gleich vor Sebastians Fenster war. Er mochte diesen Platz nie. Während des Spiels oder auch während des Trainings grölten und johlten die Fußballspieler und der Trainer schrie sie an, wenn sie etwas falsch machten. Fußball ist doch ein Rüpelsport, dachte er sich. Kein Sport für intelligente Menschen. Er hätte das Telefon fast nicht gehört, denn die Metal-Musik im Hintergrund ließ nicht wirklich viel durchkommen. Im letzten Moment schnappte er den Hörer.
"Hallo?"
"Hallo Sebastian, hier ist Sven"
"Ach Sven, wie geht's dir denn so?"
"Ganz gut. Ich wollte dich etwas fragen."
"Schieß los."
"Du hast doch auch bestimmt von dem Geisterhaus gehört, das in Hohensyburg steht."
"Mhhh... Du meinst das halb eingestürzte Kinderheim."
"Genau das! Ein paar Kumpel haben vor, dahin zu gehen. Kommst du mit?"
"Na ja, ich weiß nicht so recht. Was ist, wenn das Haus einstürzt? Oder wenn dort irgendwelche Penner hausen?"
"Komm schon sei kein Frosch."
"Na gut, wann und wo treffen wir uns?
"Ich würde mal sagen, so um 23 Uhr bei mir. Geht das klar?"
"Okay, bis dann. Soll ich noch etwas mitnehmen?"
"Ja, ich denke eine Taschenlampe und ein Messer wären nicht schlecht."
"Jo, mach ich. Hau rein."
"Bis dann."
In diesem Moment wurde Sebastian erst klar, was er getan hatte. Wollte er wirklich in dieses Geisterhaus gehen? Wollte er wirklich sein Leben riskieren? Nein! Natürlich wollte er das nicht. Warum ist er dann auf dieses blöde Angebot eingegangen? Er wusste es selbst nicht.
Es kam noch die Schwierigkeit dazu, dass sein Kumpel am Borsigplatz wohnte, wo die Kriminalitätsrate sicherlich 50% betrug. Denn in diesem Viertel Dortmunds wohnen verschiedene Kulturen auf engstem Raum, das konnte nicht gut gehen. Und nun musste er, alleine da durch. Glücklicherweise hatte er sein Schokoticket, mit dem er überall hin konnte. Wann er wollte.
So machte er sich um circa 22 Uhr auf den Weg, denn er wohnte am anderen Ende der Stadt.
Die Bahn schien leer zu sein, doch dies würde sich garantiert ändern. Denn Herbstzeit ist Kirmeszeit. Und so wusste er fast schon, dass ihm einige Unannehmlichkeiten bevorstanden. Er als Rocker, musste durch ein HIP-HOP Viertel. Mission impossible, dachte er sich. Nur leider hatte er keine Geheimwaffen, die er verwenden konnte. Er musste auch so durch.
Da es keine direkte Linie zum Borsigplatz gab, musste er zweimal umsteigen. Als er dann in die letzte Bahn eingestiegen war, und schon gedacht hatte, diesmal könne ihm nichts passieren, stiegen fünf Typen ein, die sicherlich keine Rocker waren. Und wie er schon gedacht hatte, kam der erste blöde Spruch.
"Schaut euch den Penner da drüben an! Was guckt der so blöd hier rüber? Ich glaub der hat eins auf die Fresse verdient! Packt euch den Typen!!"
Glücklicherweise blieb die Bahn just an einer Haltestelle stehen, und er lief so schnell hinaus, wie er nur konnte. Beinahe wäre er gestolpert.
Er drehte sich um, und sah die Typen hinter sich. Sie waren ziemlich schnell. Was sollte er jetzt tun? Stehen bleiben? Um Hilfe rufen? Er entschloss sich weiter zu laufen.
Eine gute Entscheidung. Wahrscheinlich war den Typen die Lust an einer Hetzjagd vergangen, und sie ließen von ihm ab. Er war völlig aus der Puste. Seine Beine zitterten. Sein linker Fuß schmerzte, denn er war während des Rennens umgeknickt. Kein Wunder, er hatte Chucks an.
Nun humpelte er bis zu der Wohnung seines Kumpels, langsam ließ der Schmerz nach, und glücklicherweise war er in die richtige Richtung geflohen. Er klingelte. Es war nun schon 22/50 Uhr. Er war also 10 Minuten zu früh da. Doch dies war gut so. Denn so konnten sich die vier Kumpels genug Mut antrinken. Sven öffnete die Tür. Du bist es, sagte Sven. Wir haben das Bier für dich schon kaltgestellt. Etwas anderes hätte ich nicht erwartet, erwiderte Sebastian. Als er die Wohnung betrat, sah er schon, dass die anderen an diesem Abend mehr Mut haben würden. Sie hatten nämlich schon vier Bierchen getrunken.
Er konnte gerade noch schnell sein drittes austrinken und schon ging es los.
Die Fahrt nach Hohensyburg dauerte fast 1,5 Stunden. Und so kamen die Vier um 00/30 Uhr an. Es war stockdunkel. Man konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Sie schalteten ihre Taschenlampen an, und sahen zunächst nach, ob nicht andere auf dem Gelände waren. Nichts rührte sich.
Erschwerend kam hinzu, dass das ehemalige Kinderheim im Wald lag, so wirkte es noch angsteinflößender.
Sie kletterten über den Zaun. Und sprangen direkt in eine Pfütze. Na toll. Sebastians Chucks und Socken waren völlig durchnässt. Und die Temperatur betrug gerade mal 6° Celsius.
Ab diesem Zeitpunkt wusste Sebastian schon, dass er einen großen Fehler gemacht hatte.
Außerdem hatte sich Daniel das Hosenbein aufgerissen. Er war nicht gerade der schlankste, und so kam er nur schwer über den Zaun.
Das Haus sah wirklich erschreckend aus. Alle Fenster waren eingeschlagen. Das halbe Dach war abgebrannt. Und an der Wand war ein warnender Spruch zu lesen: "Wer hier reingeht, kommt nie wieder raus!"
So ein Schwachsinn, sagte Ferhat. Ich werde den Spinnern mal das Gegenteil beweisen, sagte er doch ziemlich selbstbewusst, aber mit einer etwas zittrigen Stimme.
Daniel hatte den Vorschlag, die Gruppe in zwei Untergruppen aufzuteilen. Doch die anderen lehnten ab, denn so hätte man sich gegenseitig verarschen können.
So gingen die vier zusammen hinein. Die Treppen knirschten, als ob das Holz jeden Moment bärsten könnte. Doch es passierte nichts.
Die Eingangstür stand offen, und als Ferhat, das Innere zuerst betrat, empfingen ihn auch schon Spinnweben und dann mehrere Ratten. Als er diese gesehen hatte, sprang er zur Seite und landete auf dem Gras. Er stöhnte und sagte, er hätte sich die Schulter geprellt. Doch die anderen beachteten ihn gar nicht, und gingen hinein. Einige Zeit später kam auch Ferhat nach. Man konnte sehen, dass er zitterte.
Da sagte Daniel, na Mister "Ich- habe- keine- Angst", wie geht's denn so? Ferhat sagte nur, er solle die Schnauze halten.
Dann gingen sie langsam in die zweite Etage, wo sich angeblich der Geist aufhalten sollte.
Doch dieses Unterfangen sollte nicht einfach werden, denn die Treppe sah marode aus und einige Stufen waren nicht mehr vorhanden.
Auf Sebastians Vorschlag hin, beschlossen sie einzeln hoch zu gehen, um die Treppe nicht zu stark zu belasten. Zuerst sollte Sven hochgehen, dann Sebastian, es sollte Ferhat folgen und zuletzt Daniel.
Als Daniel gerade die letzte Stufe nehmen wollte, passierte das Unglück. Das Holz gab nach und er fiel ungefähr 8 Meter in die Tiefe. Abgeschnitten von den anderen. Er rührte sich nicht. War er etwa tot? Schon möglich. Als Sven dann die Taschenlampe auf seinen Körper richtete, bestätigte sich dieser Verdacht.
Ein Holzpfahl hatte sich durch seinen Körper gebohrt, und die Eingeweide raus quellen lassen. Ferhat musste erbrechen.
Was war nun zu tun? Sie konnten nicht mehr zurück, denn die Treppe war eingestürzt. Und wenn sie weitergingen, war es dann möglich, auf den Geist zu treffen?
Da fiel Sebastian ein, dass er sein Handy mitgenommen hatte. Doch was war das? Es gab keinen Empfang. Lag es an diesem Haus? War es wirklich ein Geisterhaus?
Langsam ließ die Wirkung des Bieres nach, und den drei Jungendlichen dämmerte es, dass sie in großen Schwierigkeiten steckten. Wie sollten sie dies alles ihren Eltern beibringen? Und was würden Daniels Eltern mit ihnen machen?
Sie beschlossen nach längerem Zögern doch weiter zu gehen. Sebastian fiel ein, dass der Eingangsbereich überdacht war, und dass sie durch ein Fenster auf das Dach könnten. Sie könnten dann mühelos runterspringen, ohne dass ihnen etwas passieren könnte.
Prompt stimmten die anderen beiden zu, und sie machten sich auf den Weg.
Beim Durchgehen, konnte man nur erahnen, wie es den Kindern in diesem Heim ergangen sein muss. Kleine Räume, mit fünf bis sechs Betten. Es gab auf dieser Etage nur ein Badezimmer. Dementsprechend verwahrlost mussten die Kinder gewesen sein. Zum Glück wurde dieses Kinderheim geschlossen. Doch eigentlich viel zu spät. Denn es waren bereits zwei Kinder, durch diese schrecklichen Umstände, wie sie eigentlich nur in Russland aufzufinden sind, gestorben. Als sie ungefähr 10m vor dem Fenster standen, hörten sie plötzlich ein Kind schreien. Es war ein kläglicher Laut. Geistesabwesend rannten die drei auf das Fenster zu. Sven stolperte, und fiel mit dem Gesicht gegen einen Stahlschrank. Die beiden drehten sich um und sahen, dass er stark blutete, und man konnte erkennen, dass die vorderen Zähne ausgeschlagen waren, und dass seine Nase gebrochen war. Er blieb liegen und stand nicht wieder auf.
Sie kamen ihm jedoch nicht zur Hilfe. Denn dieser markerschütternde Schrei, ließ sie nicht mehr los. Sie rannten weiter. Das Fenster war nun ganz nah, so dass man rausspringen konnte.
Ferhat machte einen Hechtsprung durch das Fenster und landete leider nicht auf dem Vordach, sondern mit dem Kopf zuerst auf dem Betonboden. Sein Genick war wohl gebrochen.
Sebastian sprang ihm nach, jedoch nicht durch das gleiche Fenster, sondern durch ein anderes. Auch er landete mysteriöserweise nicht auf dem Dach. War es der Geist gewesen? Er wusste es nicht. Doch er hatte mehr Glück gehabt und landete in einem Beerenstrauch.
Er blutete. Sein Kopf tat höllisch weh und ihm war übel. Seine linker Arm hing schlaff herunter, und man konnte sehen, dass der Knochen fast die Haut durchstoßen hatte. Er wünschte sich, er wäre tot.
Er konnte schließlich mit letzter Kraft sein Handy nehmen, und die Polizei alarmieren.
Er hatte von Anfang an gewusst, dass dies keine gute Idee gewesen war.
Im Krankenhaus hatte er sich nach den anderen erkundigt. Der einzige Überlebende war Sven. Doch er lag im Koma. Kurze Zeit später starb auch er.
Sebastian konnte es nicht aushalten. Drei seiner besten Kumpels waren gestorben. Nur er hatte überlebt. Sein Zimmer war im 5 Stockwerk.
Und so beschloss auch er seinem Leben ein Ende zu machen.....



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