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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"

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Emma Blu

© Anja Kühne


Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Vorhang für dieses ganz entscheidende Ereignis fiel und Monika im Rampenlicht auf vier Rädern stand. Der Fahrlehrer, ein gemütlicher bärtiger Seebär nahm mit der für sich gepachteten Ruhe auf dem Beifahrersitz Platz. Er schenkte seiner überaus begabten, wenn auch in dieser Situation etwas verständlich nervösen Schülerin einen zuversichtlichen und unterstützenden Augenaufschlag. Die Aufmerksamkeit des Prüfers, auf dem hinteren billigen Platz, gebührte zunächst seinen Unterlagen und anschließend seinem Prüfling. Ein Mann mit strenger Miene, der seine gute Absicht jedoch erkennen ließ, auch wenn diese nur in wenigen Worten charmant verpackt wurde. Mit seiner gezielten Anweisung begann die Fahrt und während dieser erteilte er ihr ganz gezielte Anweisungen. Meine gedrückten Däumchen für eine fehlerfreie Fahrt waren beinahe blau angelaufen, das konnte ich zweifelsfrei beurteilen, auch wenn es für mich ziemlich dunkel und mein Sichtfeld somit eingeschränkt war. Der Platz hinter dem Lenkrad war auf Grund des etwas älteren Automobilmodels begrenzt und dennoch haben wir uns wie immer kooperativ und liebevoll arrangiert. Plötzlich hielt Mama den Wagen an und ich vermutete, dass wir an einer roten Ampel warten mussten. In dieser Zeit war ich mit der Hoffnung beschäftigt, dass das Anfahren ein leichtes Spiel werden würde und natürlich meisterte meine Mama auch diese Hürde ganz großartig. Am Ende der Fahrt und im Anschluss des erfolgreichen Einparkens, hörte ich, wenn auch ein wenig dumpf und gemütlich im Wasser verpackt, dass der Prüfer meiner Mama gratulierte. Nun überrollte mich die Freude, eine wahrhaft großartige Meisterleistung lag hinter uns, wir hatten unseren Führerschein und jene war die erste Prüfung, die meine Mama und ich gemeinsam bestanden.
Die Jahre vergingen und schon immer hatte ich dieses Ziel vor Äuglein, selbst hinter dem Steuer sitzen zu dürfen. Mit diesem Wunsch verband ich vor allem das Gefühl der Freiheit Wahrend meiner Kindertage jedoch überfiel mich die vor allem bei Kindern sehr beliebte vierrädrige Übelkeit, die ich nach etwas Training allerdings erfolgreich besiegte, sodass das Auto zum zweiten Wohnzimmer mutierte. In einem solchen dominiert vor allem die Gemütlichkeit und die Verlockung zum Einschlafen, der ich nur selten widerstehen konnte. Allerdings hatte ich durch meine Mobilschlaffreuden einen ganz dunklen Ruf, der mir nachschlich und erklärte, dass ich eine ganz fürchterliche Beifahrern bin und obwohl ich es liebe im Auto eine Schnatterstunde einzulegen, beschränkten sich meine Gespräche während meiner Träume doch gravierend. Dennoch belächelte ich mit Freude die großen Jungs, denen beim Schwärmen über ihre "besten Stücke" Herzchen in den Äuglein standen, denn mein Interesse galt weniger den zahlreichen Modellen als vielmehr dem Gefühl endlich fahren zu dürfen. Schließlich war es an der Zeit für den Führerschein "Die Zweite". Die Nacht vor der großen Stunde der Wahrheit verbrachte ich schlaflos und gedankenüberfüllt. Natürlich war es das größte Ziel, diese Prüfung zu bestehen und so hoffte ich auf ein gutes Gelingen. Es war leibhaftig eine schwere Prüfung, den geräumigen Janosch am Prüfungstag sicher über die Straßen zu lenken, vor allem weil Petrus offensichtlich einen sehr traurigen Tag feiern musste, sodass es in Strömen regnete. Der Herr Fahrlehrer war die Ruhe in Person und mummelte sich gemütlich in die Polster, hingegen ich das Gefühl hatte, dass mein Herzchen einen Vollstart hinlegte und dabei ein Durchdrehen riskierte. "Es wird alles gut, ich bin doch bei dir." Kling es ein bisschen wie durch Plastikfolie an mein rechtes Ohr. Wir bekamen Besuch, ein kurz vor der Pension stehender älterer und völlig durchnässter grau melierter Herr. Hingebungsvoll widmete er sich seinem Papierstandart, während ich meisterhaft versuchte, die triefenden Händchen zu verbergen. Schließlich fuhren wir los, die Aufregung ließ nach und ich bemühte mich nach allen Künsten vorbildlich unterwegs zu sein. Eine Pfütze und eine zum Glück nur leicht angedeutete Bordsteinkante stellten sich mir dabei in den Weg, doch auch bei diesen Hindernissen gelang mir gekonnt die Kurve. Das befürchtete Kunststück Einparken ging ebenfalls dellenfrei über die Bühne und schließlich strandeten wir an unserem Ausgangspunkt. Nachdem ich den Motor ausstellte und meinen Janosch ein hoffentlich letztes Mal sicherte, bemerkte ich nun meine zitternden Knie und mein Gefühl trug nicht gerade zu einer behaglichen Stimmung bei. Für einige Momente herrschte absolute Stille, sodass ich förmlich jeden Regentopfen hätte zählen können. Plötzlich hörte ich die Worte: "Herzlichen Glückwunsch." Es war einfach unglaublich und in diesem Moment noch völlig unverständlich.
Die seit langem befürchtete aber auch erlösende Stunde lag hinter mir und mit einem inneren Lächeln ließ ich die Fahrschulzeit Revue passieren. Der Fahrlehrer ist eine wichtige Person im Leben eines jungen Menschen vor allem in meinem und meine vorzügliche Wahl hätte auf keinen anderen treffen können. Nun nahm ich meinen Führerschein in Empfang und verabschiedete mich tatsächlich etwas schwermütig von meinem geduldigen und blauäugigen Begleiter. Immer wieder trug ich dieses überaus attraktive Plastikkärtchen voller Stolz spazieren und sah es mir voller Freude an. Außerdem war es mir bewusst, dass die Träumereien in meinem Lieblingswohnzimmer der Vergangenheit angehörten. Über ein Jahr später bekam ich schließlich etwas Kleines. Nun hatte ich große Verantwortung und die kleine durstige Emma zu versorgen. Am Tag, an dem ich sie abholte, setzte ich mich für etliche Minuten hinter das Steuer und hatte große Schwierigkeiten zu begreifen, dass dieses Auto mir gehört. Schließlich platzierte ich den seit vielen Jahren in der Schublade verbannten und immer für den Autoschlüssel gedachten Anhänger an dem Ring und lachte dem kleinen Stofflöwen entgegen. Der Schlüssel fand seinen Weg und noch einmal schaute ich mich in meiner Emma um, atmete tief durch drehte diesen behutsam und erlebte mit flatterndem Herzchen meine erste Probefahrt in meiner Emma Blu.



Eingereicht am 21. Februar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.


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