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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"

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Das Wunderdöschen No. 5

© Ewa van Heigel


Der Professor hatte an seinem 50. Geburtstag zu einem morgendlichen Sektempfang gebeten. Er übergab mir eine Dose mit den Worten: "Die Zahl 5 wird dich in deinem Leben begleiten. Wo du gehst und stehst, ist diese Zahl, die Kombination mit 5, für dich der Schlüssel zu allen Fragen." Er ließ mich rätselratend stehen und er starb in der darauf folgenden Nacht. Der Professor war nicht verrückt; nein, er war einer der intelligentesten Wesen unter und neben dem Mars.
Ich hielt diese kleine schwarze Dose, mit luftdichtem Deckel, garantiert wasserdicht, in meiner Hand. Es dauerte lange, bis ich begriff, dass der Inhalt dieser Kapsel sehr viel mit mir und meiner Zukunft zu tun hatte.
"Was soll ich damit?", fragte ich den Professor. Sein Grabstein war aus rotem Marmor - wie der von Napoleon. Keine Antwort. Dennoch hatte ich das unabweisbare Gefühl, dass vielleicht nur der Inhalt der Kapsel sehr viel für mich bedeutete.
"Sagten Sie etwas?" Der Junge stand hinter mir im Gang 334 B auf dem Friedhof. Ich sah ihn an. Er sah mich an. "Kennen wir uns?" Tatsächlich, es war Dwane, ein Schwarzer. Ich ging zu ihm hinüber. Nachdem ich ihn in die Arme genommen hatte, sah er mich und dann mein schwarzes Döschen an. Ohne weitere Worte zu wechseln, öffnete ich es in seinem Beisein. Er nahm eine ca. 8 cm große gelbe Dose mit blauer Schrift an sich. Sie sah in seinen schwarzen Händen ziemlich eigenartig aus. Jodsalz aus Bad Reichenhall. Zutaten: Siedesalz, Trennmittel, Kalziumkarbonat - Kaliumjodat ... 0,0025%. Wir schauten uns die Dose genau an. Dann öffnete Dwane die winzig kleine Schüttvorrichtung. Trocken, wie die Werbung es verspricht, rieselte das Salz auf den Boden. Ich lächelte über seine Ungeschicklichkeit, doch dann erstarrte ich. Die Salzkörner lagen soeben noch im Gang 334 B, als sie plötzlich verschwunden waren. Im nächsten Augenblick sahen mich von dem Gang 334 A einige rot leuchtende Salzsteine an. Ich kniff die Augen ungläubig zu, um sie sofort wieder zu öffnen. Die Salzsteine blieben dort, wo sie waren. Es war ein phantastischer Anblick. Dwane griff im nächsten Augenblick wieder in die schwarze Dose: Ein silbernes Kettchen mit Kügelchen kam zum Vorschein. Ich nahm sie und zählte nach. Tatsächlich: 37 Kügelchen. Ich war irritiert. 3 + 7 = 10, teilbar durch 2 = 5. Das ist Magie. Die Zahl "Fünf" - ein Orakel. Ich sah zum Gang 334 A. Aus den roten Salzsteinen wuchsen riesige Salzberge heran und es wurden immer mehr. Ganz deutlich formierten sie sich. Nun konnte ich es nicht mehr übersehen. In großer Formation las ich die Zahl 55. Ich war der Ohnmacht nah. Was sollte das bedeuten? Schon wieder die Zahl 5. "Die Zahl 5 wird dich in deinem Leben begleiten".
Ich schaute auf die Salzdose. Inhalt 10 g - durch 2 teilbar = 5.
"Wie alt bis Du?" fragte ich Dwane. Er war überrascht, starrte immer noch auf die Salzformation. Dwane zuckte zusammen, als ich ihm die Hand mit meinen 5 Fingern auf die Schulter legte. 5 Finger. Jetzt bin ich verrückt geworden - 5 Finger hat doch Jeder. "14 Jahre alt" kam die prompte Antwort. Mein Herz stockte: 1 + 4 = 5. Eigentlich wollte ich jetzt gehen, statt bleiben. Ich setzte zum Gehen an. Dwane blieb stehen. Ich beließ es dabei. Er lief noch hinter mir her, um mir die Salzdose zurück zu geben, aber da war ich schon den Salzkristallen verschwunden. Das Licht war mir bekannt. Es war in meiner vorgeburtlichen Zeit. Das Licht; ein unbeschreibliches rot-blau-rose - ich erkannte es sofort wieder. Dann lag ich auf dem Boden, die Hände unter meiner Wange, auf der Seite mit angezogenen Beinen liegend. Ich fühlte mich wohl. Mir war warm, mir fehlte nichts. Auf einmal sah ich ein paar Salzkörner. Sie rieselten von links nach rechts, von oben nach unten, als wollten sie mir irgendetwas sagen. Dann verließen sie den Kristall und mit ihnen verschwand das Licht.
Der Grabstein des Professors war aus rotem Marmor. Ich bekam keine Antwort. Leider hatte ich heute sehr wenig Zeit. Ich verließ den Friedhof bereits nach 15 Minuten.



Eingereicht am 21. Februar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.


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