Kurzgeschichtenwettbewerb Kurzgeschichten Wettbewerb Kurzgeschichte Schlüsselerlebnis   www.online-roman.de

Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"

www.online-roman.de
www.ronald-henss-verlag.de

Drauf hauen, drauf hauen - Begegnung mit Rudi Dutschke

© Werner Forneberg


Im Jahre 1967, ich war inzwischen 19 Jahre alt geworden, veränderte sich die Wetterlage dramatisch. Ich spreche nicht von Regen und Wind, ich spreche von dem Wind des kritischen Nachdenkens, von dem Sturm des freiheitsdürstenden Umdenkens und dem Orkan des schöpferischen Neudenkens.
In unserem altsprachlichen, traditionell sehr konservativen Gymnasium regte sich Unruhe, zunächst kaum hörbar, zunächst kaum spürbar, aber langsam und stetig wurde die Unruhe stärker und kräftiger. Am Horizont zogen unruhige Zeiten herauf.
Ein idealistischer und allem Neuen aufgeschlossener Kreis von Schülern, bei weitem nicht die Mehrheit, war nicht mehr bereit, ohne Widerspruch gehorsam die althergebrachten Gedanken und Vorstellungen ihrer Eltern und unserer Lehrer ungeprüft nachzubeten und zu übernehmen. Es herrschte eine explosive Aufbruchsstimmung, jeder spürte, dass etwas entscheidend Neues, etwas durchaus Lohnendes in der Luft lag, ein Hauch von geistiger Freiheit, von individueller Freiheit, eine kühne Freiheit, neu und anders zu denken, eine hinhörende Freiheit, sich mit der andersartigen Meinung Andersdenkender auseinander zu setzen. Das begeisternde Ziel dieser neuen Freiheit war es, eine eigene, fundierte, durchdachte Meinung zu entwickeln und diese ohne Angst und mit furchtlosem Blick in das Gesicht des Gegenüber offensiv zu vertreten.
Dieses kühne Vorhaben in die Praxis umzusetzen, gestaltete sich überaus schwierig. Unsere Schule in Gestalt unserer Lehrer und Lehrerinnen begrüßte die neue Entwicklung keineswegs mit freudigem Erstaunen. Die Reaktionen der Lehrer und Lehrerinnen schwankten zwischen harten, unbarmherzigen Repressalien und scheinbarer Toleranz.
Auch in meinem jugendlichen Kopf brodelte es heftig, auch ich versuchte, zitternd noch und ein wenig ängstlich vor den möglichen Konsequenzen, vorsichtig zum ersten Male in meinem Leben, meine bisher unmaßgeblichen Meinungen klar zu artikulieren und leise, noch ganz zarte Kritik an den Verhältnissen in unserer Schule zu üben.
Ich hoffte auf eine positive dynamische Veränderung des Verhältnisses der Schüler und Schülerinnen untereinander, weg vom reinen sach- und fachbezogenen Leistungsdenken, das in dem Mitschüler lediglich einen zu bekämpfenden Konkurrenten sah, hin zu Schülern, die ihre Spitzenleistung durch Arbeit miteinander, durch fruchtbare Diskussion untereinander und persönlichen Einsatz füreinander erreichen.
Zunächst herrschte verständliche Irritation, ja fast könnte man sagen, Verwirrung über meine fortschreitende persönliche Veränderung, man mochte nicht glauben, was man sah.
Man wagte es nicht mehr, mir wie früher mit entwürdigender Herablassung zu begegnen, man antwortete mir nicht mit spöttischer Abkanzelung und nicht, indem man mein Anliegen ins Lächerliche zog, nein die Gegenwehr war wesentlich subtiler, man ließ mich wie gegen Gummiwände laufen.
"Werner, wenn es Ihnen hier bei uns nicht gefällt, kein Problem, Sie können jederzeit gehen, keiner hält Sie auf!" Im Wortjargon der "neuen" Zeit hieß dies "repressive Toleranz."
In den Elternhäusern, in der Schule und in gemütlichen Schülerlokalen rotteten sich kleine, arbeitsintensive Gruppen von Schülern und Schülerinnen zusammen und diskutierten tage- und nächtelang mit heißem Kopf und kühlem Verstand die ansteckenden Ideen des neuen Denkens. Es herrschte eine explosive Stimmung, irgendetwas lag in der Luft, irgendetwas bereitete sich vor, jeder spürte es, jeder sog den Pulverdampf des Umbruchs begierig ein.
In dieser unruhigen, bewegten Zeit, es war Montag, der 27. November 1967, besuchte, unerwartet aber heiß ersehnt, Rudi Dutschke, einer der geistigen Anführer der außerparlamentarischen Opposition, Bremen.
Am Abend sprach er zunächst zu 250 Zuhörern in der Lila Eule. Die Lila Eule in Bremen war ein berühmt-berüchtigtes Szenelokal junger Leute.
Das Programm in der Lila Eule war überaus abwechslungsreich. Samstags und sonntags wurde Beatmusik gespielt, montags gab es politische Veranstaltungen und dienstags wurden anspruchsvolle, nachdenkliche Filme gezeigt.
Am Morgen des 28. November 1967, einem Dienstag, gelang es dem Schulsprecher unserer Schule mit großem Redeschwall und noch mehr Überredungskünsten, Rudi Dutschke in die große Aula unserer Schule einzuladen.
Die unerwartete Nachricht von seinem persönlichen Erscheinen elektrisierte uns und sie verbreitete sich von Mund zu Mund und Ohr zu Ohr mit der Geschwindigkeit eines Windhundes.
Offiziell war Unterricht angesetzt, aber als die Lehrer zur vierten Stunde die merkwürdig stillen Klassenräume betraten, fanden sie diese verlassen vor.
Eng aneinandergedrängt wie die Pökelheringe standen wir in der völlig überfüllten Aula, kein Apfel ging mehr zur Erde, und nach und nach trafen auch die Lehrer ein.
Als Rudi Dutschke gemessenen Schrittes unsere Aula betrat und langsam und bedächtig auf das Rednerpult zuschritt, hätte man eine Stecknagel fallen hören können, so ruhig, so still war es, fast andächtig blickten alle Schüler und Schülerinnen nach vorne zur Bühne unserer Aula.
Ich war ein wenig enttäuscht, ich hatte mir Rudi Dutschke wesentlich größer, wesentlich kräftiger, wesentlich imposanter vorgestellt. Nun stand ein Mann vor mir, schlank, drahtig, aber fast ein wenig zerbrechlich.
Aber mein erster Eindruck veränderte sich schlagartig, als er seinen Mund öffnete, um zu sprechen.
Sein Charisma, seine Ausstrahlung waren mit den Händen greifbar und wir waren von der ersten Sekunde an wie elektrisiert.
Rudi Dutschke stand im Begriff, zu seiner kurzen Rede anzusetzen, als unverhofft unser Lateinlehrer, der stellvertretende Direktor unserer Schule, der ebenfalls in der Aula anwesend war, laut und vernehmlich durch die Aula schrie : "Herr Dutschke, wer hat Sie überhaupt autorisiert, hier das Wort zu ergreifen?"
Ich an der Stelle von Rudi Dutschke, ich wäre vor lauter Verlegenheit hochrot geworden, wäre vor tiefer Scham sicher im Boden versunken, hätte wirr herumgestottert oder mich auf irgendeine imaginäre Person berufen, Rudi Dutschke aber beherrschte die Situation meisterlich. Schlagfertig schleuderte er unserem stellvertretenden Direktor entgegen: "Ich autorisiere mich selber!"
Tosender, orkanartiger Beifall durchflutete in immer neuen aufbrandenden Wellen die Aula und wir sogen wie ein trockener Schwamm alle seine folgenden Worte auf.
Rudi Dutschke sprach übers die Vision eines neuen, moralisch besseren Menschen, ein Mensch, der nicht gesteuert ist aus egoistischen Motiven, sondern der als Mensch solidarisch mit anderen Menschen handelt, sodass mit der Zeit Ausbeutung, Hunger, Elend und Armut auf der Welt verschwinden.
Dutschke wandte sich auf eine ganz besonders eindringliche Weise in seiner kurzen Rede an jeden Einzelnen von uns und er forderte uns wieder und wieder auf, mutig zu sein, mutig für die Veränderung der Gesellschaft zu kämpfen, mutig die harten Widerstände zu überwinden, die sich uns in den Weg stellten und mit klugen, überzeugenden Argumenten für das neue Denken zu kämpfen.
Wichtig sei es, nicht alles auf einmal ändern zu wollen, wichtiger sei es, jeden Tag zu handeln, aber am wichtigsten sei es, Schritt für Schritt mutig voranzuschreiten.
Im kalten, frostdurchzogenen Dezember 1967 war in Bremen eine neue Bürgerschaft und damit auch ein neuer Senat ins Amt gewählt worden.
Präsident dieses neu gewählten Senats war Bürgermeister Hans Koschnick.
In seiner überaus bemerkenswerten Regierungserklärung propagierte er mit viel Engagement und Enthusiasmus eine neue, eine zukunftsweisende Leitlinie für den Umgang mit der jungen Generation: "Die Leitlinie für den Umgang mit der jüngeren Generation ist es, nicht gleich nach der Staatsmacht zu rufen, wenn die Jugend Probleme hat bzw. macht, sondern erst einmal im Dialog zu versuchen, herauszufinden, wohin die Sache geht."
In den dramatischen Ereignissen des Januars 1968 konnte er dieses löbliche Vorhaben leider nicht in entsprechendes Handeln umsetzen.
Der Aufsichtsrat der Bremer Straßenbahn AG hatte Preiserhöhungen zwischen 14 und 15 Prozent beschlossen. Diese Preiserhöhungen sollten ihre Gültigkeit am 15. Januar 1968 erlangen.
So sollte z.B. der Einzelfahrschein für eine Person von 60 Pfennig auf 70 Pfennig verteuert werden.
In der Bremer Schülerschaft kursierte schon nach wenigen Tagen der spöttische Spruch: "Siebzig Pfennig, lieber renn ich !"
Am Montag, den 15. Januar 1968 herrschte in Bremen das pure Chaos, Wind mit Orkanstärke 12 tobte durch die Stadt, Betonplatten wurden aus Häuserfassaden herausgerissen, große kräftige Bäume entwurzelt, großflächige Dächer abgedeckt.
Am Abend dieses denkwürdigen Tages versammelte sich ein Häuflein von 50 aufrechten, wetterfesten Schülern, um am Hauptverkehrsknotenpunkt in der Bremer Innenstadt auf ihren Protest gegen die Preiserhöhungen aufmerksam zu machen.
Erst später, viele Jahre später kam die wundersame Legende auf, es sei von Anfang an geplant gewesen, aggressiv das Vorwärtskommen der Busse und Straßenbahnen zu behindern.
Aber davon kann in Wirklichkeit keine Rede sein. Wie mir glaubhaft Teilnehmer dieser ersten überschaubaren Demonstration erzählten, hatten sie mächtig Angst vor der eigenen Courage und es war in keiner Weise geplant, über die Weitergabe von Flugblättern an Passanten und über das informative Gespräch mit den Passanten hinaus, Busse und Bahnen durch eine Blockade anzuhalten und zu körperlichem Widerstand aufzurufen.
Als sich einige wenige Schüler auf die Straßenbahnschienen setzten, wurde ihnen Beifall von anderen Passanten zuteil, nur vereinzelt gab es Buhrufe von Menschen, die sich der Gelegenheit beraubt sahen, zügig und ohne Zeitverlust nach Hause kommen zu können.
Die Bremer Polizei verhielt sich zurückhaltend und friedlich, ja fast könnte man sagen fröhlich und gesprächsbereit, und trug die Schüler mit einer nicht enden wollenden Engelsgeduld von den Schienen, auch dann noch, wenn diese sich hinterher sofort wieder auf die Schienen setzten.
Die Leitung der Bremer Straßenbahn AG nahm dieses kleine unscheinbare Grüppchen Demonstranten auf die leichte Schulter, die ruhig, gelassen und mit verbindlichen Worten vorgetragene Bitte um ein klärendes Gespräch wurde schroff abgeschmettert.
Man hatte nicht begriffen, dass ein neuer Geist durch Bremen wehte, ein frischer noch dazu, ein Geist, der sich nicht mehr unter den Teppich kehren ließ, der sich durch Drohungen nicht mehr einschüchtern und bändigen ließ und man hatte nicht erkannt, dass die unverantwortlichen Preiserhöhungen der Bremer Straßenbahn AG nur der berühmte Funke war, der das Pulverfass des neuen Denkens, des Umdenkens, des Neudenkens zur Explosion brachte.
Es folgte, was fast zwangsläufig folgen musste: Bei bitterer Kälte, einer Kälte, die vor der Kleidung nicht halt machte und langsam und stetig durch die Ritzen des Stoffes kroch, kam es am nächsten Abend zu einer neuen Demonstration, nur dass diesmal bereits über 500 Mitstreiter, darunter auch etliche Erwachsene und meine Wenigkeit, erschienen.
Die Menge der erwartungsvollen Demonstranten stand, wie das kleine Grüppchen tags zuvor, auf dem Hauptverkehrsknotenpunkt in der Bremer Innenstadt, und harrte der Dinge, die da kommen sollten.
Rechts hinter unserer überschaubaren Gruppe stauten sich in langer Schlange die Straßenbahnen, die nicht weiterfahren konnten und deren erboste Fahrer vergeblich versuchten, durch Sturmklingeln für freie Fahrt zu sorgen, links reihte sich binnen kurzer Zeit eine Reihe von Gelenkbussen auf, deren Ende hinter der nächsten Kurve verschwand. Wir Demonstranten standen wie in einem großen gleichschenkligen Dreieck.
Der Fluchtweg nach hinten war versperrt, nur einzelne Schüler und Erwachsene hätten zwischen den Bussen und Straßenbahnen entkommen können.
Doch plötzlich und unerwartet, wie eine Fata Morgana aus einem beklemmenden, atemberaubenden Albtraum, tauchten aus einer versteckten Seitenstraße durch die Dunkelheit des Abends mehrere geschlossene Ketten uniformierter Polizei auf, bewaffnet mit gezückten Schlagstöcken.
Ehe wir es uns versahen, ehe wir überhaupt begriffen, was vor sich ging, hatte die erste Kette von Polizisten die noch offene Flanke des Dreiecks geschlossen und uns überfallartig eingekesselt.
Die jungen Polizisten, von denen viele kaum älter waren als die meisten von uns, wirkten in der Dunkelheit des Januartages sehr bedrohlich, eine Bedrohlichkeit, die sich durch den langen grünen Uniformmantel, den Schutzhelm und den gezückten Schlagstock noch verstärkte.
Untergründige, schleichende Angst verbreitete sich unter den Demonstranten, als sie feststellen mussten, dass die jungen Polizisten jedes Gespräch verweigerten, sondern stumm und starr wie Komparsen aus einem Science-Fiction-Film keine Miene verzogen.
Plötzlich ertönten gellende, keifende Kommandos: Direkt hinter den Polizeiketten tauchte wie aus dem Nichts der Polizeipräsident von Bremen auf und schrie wie von Sinnen:
"Auf sie und draufschlagen!"
Kaum rückten die Polizisten vor, kaum hatten sie die ersten Demonstranten niedergeknüppelt, geiferte er erneut: "Draufhauen, Draufhauen, nachsetzen!"
Massive Angst verbreitete sich, immerhin befanden sich unter uns auch 12-jährige Schüler. Aber ohne eine erkennbare Regung im Gesicht, ohne ein Zeichen des Mitgefühls knüppelten die Polizisten auf die Schüler und Erwachsenen ein.
Unsere Angst, unsere Beklemmung brach sich Bahn.
Mit vereinten Kräften schoben wir die schweren unbeweglichen Busse und Straßenbahnen zur Seite, wir älteren Schüler zogen die jüngeren Schüler in der Menge nach hinten, um sie vor den niedersausenden Knüppeln der Polizisten zu schützen, wir trennten einzelne Anhänger von ihren Triebwagen ab, wir zwangen die Fahrgäste auszusteigen und wir zerstörten etliche Busse und Straßenbahnen. Endlich war der Weg frei, endlich waren wir der Einkesselung entkommen.
Ein Ende der von unserer Seite mit großem innerem Engagement und von Seiten der Polizei mit äußerster Härte und Brutalität geführten Auseinandersetzungen, ein Aufeinanderzugehen, ein Miteinanderreden, schien in weite Ferne gerückt zu sein.
Jeden Tag wuchs die Menge der Demonstranten,
jeden Tag prügelten die Polizisten auf uns ein und
jeden Tag wurde der angerichtete Sachschaden größer.
Hans Koschnick, der Bürgermeister und große Teile des Bremer Senats befanden sich zu Gesprächen in Berlin.
Jeder in Bremen, der verantwortlich dachte, dem das Wohl der Stadt am Herzen lag, fragte sich beklommen, wo die Angelegenheit noch enden sollte.
Niemand hatte eine kluge Idee, wie man den Gordischen Knoten durchschlagen könne.
Aber, wie das manchmal so ist, in schweren Zeiten wachsen Menschen, denen man das eigentlich nicht wirklich zugetraut hat, weit über sich hinaus und ergreifen das Ruder, um das schlingernde Schiff wieder auf Kurs zu bringen.
In dieser Situation war es Frau Annemarie Meewissen, die Bremer Senatorin für Wohlfahrt und Jugend, die sich der Verantwortung stellte. Schon vor den schweren Auseinandersetzungen wegen der ungerechtfertigten Preiserhöhungen der Bremer Straßenbahn AG war Frau Meewissen in Bremen wegen ihrer volksnahen, den Menschen zugewandten Art außerordentlich beliebt.
Am Freitag, den 19. Januar 1968, es war immer noch unerbittlich kalt und die Sonne schien tagsüber von einem klirrend blauen Himmel.
Wieder strömten gegen Abend in der hereinbrechender Dunkelheit Massen an Demonstrationsteilnehmern in die Bremer Innenstadt, wieder brachte der Polizeipräsident seine knüppelbewaffneten Polizisten in einer Nebenstraße in Stellung, wieder knisterte die Luft, wieder war uns heiß, wenn wir auch froren.
In diesem entscheidenden Augenblick, in dem man die knisternde Spannung mit Händen greifen konnte, riss Frau Meewissen die Handlungsinitiative an sich und, unter gewollter Überschreitung ihrer eigenen Kompetenzen verbot sie dem Polizeipräsidenten strikt, die in der dunklen Nebenstraße unsichtbar wartenden und doch in unseren Köpfen allgegenwärtigen Polizisten gegen die Demonstranten einzusetzen.
Sie "zwang" zwei Abgeordnete der Bremer Bürgerschaft, die sich zu ihrer eigenen Sicherheit nicht aus dem Hause der Bürgerschaft heraustrauten, sie zu begleiten.
Verfolgt von den beiden Abgeordneten, die zwei große, schwere hölzerne Kisten und ein Megaphon hinter ihr her schleppten, bahnte sich Frau Meewissen einen Weg durch die Menge der Demonstranten, die ihr, verwundert und erstaunt über so viel persönlichen Mut und Zivilcourage, bereitwillig Platz machten, bis sie glaubte, die Mitte erreicht zu haben.
Frau Meewissen ließ sich die Holzkisten übereinander stapeln und stieg, mit Eloquenz und Schlagfertigkeit gerüstet, auf die Kisten und begann per Megaphon mit uns Demonstranten zu diskutieren.
Worte und Fragen, Antworten und Nachfragen flogen hin und her und Frau Meewissen blieb uns keine Antwort schuldig.
Nach zwei kurzweiligen Stunden, die wie im Fluge dahineilten, endete die gewaltbereite Demonstration friedlich, nachdem Frau Meewissen uns fest versprochen hatte, sich mit all ihrer Kraft und all ihrem politischen Gewicht dafür einzusetzen, dass die Preise der Bremer Straßenbahn nicht erhöht würden.
Tatsächlich kam es so und seitdem hatte Frau Meewissen einen fast legendär guten Ruf in Bremen.
Ohne die zündende, anstachelnde Rede von Rudi Dutschke in unserer Aula und seine Ermutigung hätte ich mich nicht getraut, an diesen Demonstrationen teilzunehmen.
In stillen Stunden habe ich mich bisweilen nachdenklich gefragt, warum mich Menschen wie John F. Kennedy, Mahatma Gandhi und Rudi Dutschke so beeindruckt haben, ja, warum diese drei in ihrem persönlichen Wesen und in ihren verkündeten Botschaften so unterschiedlichen Menschen mir zum nachahmenswerten Vorbild wurden.
Ich denke, es lag daran, dass diese drei Menschen alle etwas verkörperten, was mir noch fehlte: Sie hatten eine persönliche Stärke, sie hatten eine klare Vision, sie gingen unbeirrt ihren Weg, den sie für richtig erkannt hatten.



Eingereicht am 21. Februar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.


»»» Weitere Schlüsselerlebnis-Geschichten «««



»»» Kurzgeschichten: Humor, Satire, Persiflage, Glosse ... «««
»»» Kurzgeschichten: Überblick, Gesamtverzeichnis «««
»»» Kurzgeschichtenund Gedichte «««
»»» HOME PAGE «««

Kunterbunte Blog-Empfehlungen
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Kindergeschichten «««
»»» Krimis «««
»»» Gruselgeschichten «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Kurzgeschichten Patricia Koelle «««
»»» Blumengedichte «««
»»» Wiesenblumen «««
»»» Blumenfotos «««
»»» Sommergedichte «««
»»» Sommergedichte «««
»»» Frühlingsgedichte «««
»»» Naturgedichte «««
»»» Liebesgedichte «««
»»» HOME PAGE «««