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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"

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Frogeaters - Froschfresser

©Reg Borri

Und wieder bricht einer jener Morgen an, an denen sich die Hügel Afrikas langsam aus dem Dunst erheben, rosa schimmernd der Morgennebel zerschmilzt, um dem unvergleichlichen Gelb der afrikanischen Sonne Platz zu machen.
"Safari" - "Safaaariiii" - "Safaarii" erschallt der Ruf durch das Camp.
Die Gruppe Touristen stolpert zum Versammlungsplatz. Sie quetschen sich in den Jeep, wie jeden Tag, der eine muss nochmals zurück: - "Der Fotoapparat!", der andere: - "Das Mückenmittel!".
Nachdem nun alle ihre Sonnenhüte, Feldflaschen, Ferngläser usw. eingepackt haben, rollt der Jeep zum Tor des Camps, rumpelt über die schlecht befestigte Strasse den Hang hinauf. Bei jeder Bodenerhebung, ruckt der Jeep in die Höhe, die Damen der Gesellschaft fassen sich mit lautem Gekreische an die Brust um die dort befindlichen Weichteile an der Aufführung afrikanischer Tänze zu hindern, während die Herren einige zotige Bemerkungen fallen lassen.
Der Jeep kommt zum Halt. Die Herren der Schöpfung zücken Insektensprays und besprühen die ihnen zugeordneten Damen und sich selbst, so dass der afrikanische Fahrer für kurze Zeit hustend in den Busch flüchtet, den Gefahren der dort lauernden Leoparden trotzend.
- Weiter geht's: vorbei an gähnenden Löwen, sich im Sumpf suhlenden Nilpferden, Ebern die mit senkrecht hochgestellten Schwänzen im Dickicht verschwinden, Impalas stieben in hohen Bögen davon, bei jedem Sprung für einen Bruchteile einer Sekunde in der Luft erstarrend. Heute sind Giraffen angesagt: majestätisch stolzieren sie auf ihren langen Beinen in der nahen Baumgruppe umher, während ihr Kopf langsam, bedächtig vor und zurück wiegt. Welch ein Fest, welch eine Augenweide - doch genug davon und zurück zum Camp.
Mittagessen, es wird rege diskutiert über die Wildtiere, Großwildjagden und ähnliche Abenteuer, während der schwarze Mitarbeiterstab fleißig Speisen und Getränke auf- und abträgt. Die Damen ziehen sich in den Schatten der Veranden zurück um ihre Romane zu lesen oder ein Nickerchen zu machen, die Herren begeben sich an die Bar um weitere Abenteuergeschichten zum Besten zu geben und sie zu begießen.
- Am Nachmittag : folkloristisches "Sightseeing": Buschtänze, Buschröcke, Buschhütten und eine Zebraherde auf dem Heimweg.
Am Abend wirft man sich in Schale: die Damen in Abendgarderoben, die einer Queen alle Ehre gemacht hätten, die Herren in dunklen Anzügen, speisen gegrillte Krokodilschwänze, Flusspferdsteaks, Wildschweinschinken, Zebrafilets und andere exotische Köstlichkeiten , aber auch Froschschenkel und Schildkrötensuppe fehlen nicht auf der erlesenen Speisekarte. Man unterhält sich angeregt über die Wildtiere und folkloristischen Darbietungen, entzückende schwarze Kinder, die "primitive" Kunst im Touristenladen am Campausgang ... Tourismus pur eben. Und so geht dies fünf ganze Tage lang.
Am sechsten Tag melde ich mich zum "Walking-Safari", 20km zu Fuß durch die Savanne - gewiss, dass mir niemand der älteren Mitglieder der Touristengruppe folgen würde und fernab des knatternden Jeep-Motors.
Zügig schreitet der Pfadfinder voran, ich versuche ihm leise fluchend dicht auf den Fersen zu bleiben. - Dornengestrüpp verheddert sich in meinen Hosenbeinen, bald stolpere, bald strauchle ich.
Endlich wird das Gelände gängiger. Die Erde ist noch in Morgennebel gehüllt, es duftete von Kräutern und Blumen und - meinem Schweiß.
Durch einen kleinen Wald gelangen wir an den Rand einer Senke. Mein Begleiter heißt mich einen Augeblick rasten. Geduckte Gestalten kauern im Nebel, der sich hier noch nicht vollständig aufgelöst hat. Überall wühlen sie mit kleinen, flinken Händen im Grund, stecken sich etwas blitzschnell in den Mund. - Paviane! "Was tun die?", frage ich den Pfadfinder "Frogeaters - Froschfresser!", antwortet er mir mit einem breiten Grinsen. "Die fressen Frösche?", frage ich ungläubig
- Ich erinnere mich: ein kleines bleiches Schenkelchen auf meinem Teller, ein etwas nussiger Geschmack - gestern Abend.
"Frogeaters!" bekräftigt mein Begleiter, der nun ein glucksendes Lachen kaum mehr unterdrücken kann. Unsere Blicke treffen sich - und wir müssen beide lachen.
"Frogeaters" - Das Wort begleitet mich nun schon viele Jahre hindurch.
"Frogeaters" - eine kleine Verschiebung des Blickwinkels, die das Kaleidoskop meiner kulturellen Sichtweisen durcheinander purzeln lässt.
Eine Verschiebung, die viele neue Abenteuer, neue Freundschaften entstehen lassen und viel von dem Humor anderer Kulturen ans Tageslicht bringen kann. Es wäre schade kein solches Wort zu haben, das einen begleitet.


Eingereicht am 08. Januar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.


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