www.online-roman.de     www.ronald-henss-verlag.de
Kurzgeschichten Krimi Spannung

Schuld war nur der Alkohol!

Von Werner Gschwandtner


"Ferdinand Müller", Richter Manuel Stein klappte die doch recht dünne Akte des Vergehens zusammen und richtete sein Augenmerk auf den neben seinem Verteidiger sitzenden Angeklagten. "Sie haben das letzte Wort, wollen Sie Ihrer Aussage noch etwas hinzu fügen?"
Der Beschuldigte, ein magerer Mann Mitte der Dreißig erhob sich und spielte nervös mit seinen Fingern. Verzweifelt blickte er den strengen Richter an. Es war alles vorbei... Er hatte hoch gepokert und durch eine Unachtsamkeit seinerseits alles verloren, das Spiel, seine Zukunft in Freiheit und den erhofften Wohlstand.
"Nein Herr Richter", keuchte Herr Müller etwas stockend. "Es wurde bereits alles gesagt."
"Meine Damen und Herren, Herr Staatsanwalt, Herr Verteidiger und auch Sie, Herr Angeklagter. Erheben Sie sich, das Gericht zieht sich zur Beratung zurück."
Alle Anwesenden erhoben sich, Ferdinand Müller wischte sich über die nasse Stirn. Die letzten Minuten vor dem endgültigem Aus, er sah keine Hoffnung auf ein mildes Urteil. Er selbst würde, wenn er auf der anderen Seite des Gesetztes stünde, auch keine Gnade in diesem speziellen Falle walten lassen - weshalb sollte das Gericht für ihn anders entscheiden? Nur weil er geständig gewesen war? Was sei ihm denn auch anders übrig geblieben! Die Polizei hat ihn ja so zusagen in Flagranti erwischt, nein, Leugnen hatte überhaupt keinen Zweck und machte die kommenden Jahre um keinen deut erträglicher. Den bitteren Schmalztopf musste er schon alleine auslöffeln und die Gerichtsbarkeit würde ihm sicherlich nicht zu knapp aufbrummen...
"Wie bin ich nur in diese verflixte Geschichte hinein gerutscht?" Unsicher biss sich Müller auf die Lippen, sein Geist wanderte zwanzig Tage zurück. An jenen verhängnisvollen Tag, als er sich einbildete bei dem Milliardär Krause einen Super Coup landen zu müssen.
Es war ein warmer Freitagabend gewesen, die Luft roch angenehm nach dem Sommer und das laue Lüftchen, das sich über die Köpfe der wenigen Passanten, die sich in dieser abgelegenen Strasse befanden, sorgte für ein wohliges Klima. Seit drei Wochen hatte Ferdinand Müller den exzentrischen Milliardär Sebastian Krause observiert. An jedem Tag hatte er alle Schritte verfolgt, die der steinreiche Mann und Besitzer der Krause & Co Diamanten Corporation getan hatte. Jetzt war sich Müller sicher, der Tag seines absoluten Glücks war endlich gekommen!
Krause ging so gut wie nie aus dem Haus, alles wurde geliefert und wenn Not am Mann war, dann wurden die Geschäfte auch von der Villa aus bearbeitet. Der Co, Krauses alter Geschäftspartner und privater Freund war bereits vor drei Jahren an einem Herzinfarkt verstorben. Durch das gegenseitige Testament der Kompagnons erlangte Sebastian Krause das gesamte Vermögen von Richard Fleischner und konnte somit seinen eigenen Kontostand verdreifachen... Die Öffentlichkeit wusste es, Sebastian Krause verfügte über ein Privatvermögen von rund 2 Milliarden Deutsch Mark - die angelegten Werte nicht mit gerechnet... Nur bei extremen Ausnahmen zeigte sich Krause in der Bevölkerung... !
Der Plan war bis ins letzte ausgeklügelt, dachte sich Müller, am Freitagabend ist die beste Zeit für den Übergriff. Ab 20 Uhr ist Krause alleine zuhause und über das Wochenende kommt keine Seele zu Besuch. Mit Ausnahme des Steuerberaters... und genau dieser Typ würde ihm zu seinen Glück verhelfen, so spekulierte Müller insgeheim. Er hatte sich schon alles schön ausgemalt, das Leben in Luxus und Wohlstand. Ohne Sorgen an das Morgen denken zu müssen, dem berühmt, berüchtigten Pleitegeier die lange Nase zeigend...
Dann kam sie, die Freitagnacht. Schon seit vier Stunden überwachte er das Haus von seinem kleinen Mazda aus. Dann endlich gegen 22:30 Uhr postierte sich Müller in der Telefonzelle nur fünf Schritte von der Villa Krause entfernt. Noch brannte in dem großen Haus überall das Licht und laut pfeifend schritt drei Minuten vor 23 Uhr der Finanzheini um die Ecke. Als dieser vor dem Gartentor kurz verweilte, hastete Müller rasch näher und schlug den nichts ahnenden Mann mit einem kräftigen Fausthieb in den Nacken zu Boden. Dann fesselte er den Bewusstlosen und verbarg ihn einstweilen im Gebüsch das rund ums Haus wuchs. Leise schlich sich Müller an die Haustüre und läutete. Nach ein paar Minuten öffnete Krause den Spion und fragte.
"Bitte sehr? Womit kann ich Ihnen helfen?"
"Guten Abend Herr Krause, mein Name ist Philip Leonard. Ich komme von Ihrem Steuerbüro, wir haben einen Termin."
Ja, Müller hatte wirklich an alles gedacht. Jeden Freitag erschien eine Stunde vor Mitternacht, ein Vertreter der Franklin AG um die Verdienste der Woche zu koordinieren. Krause schöpfte keinen Verdacht, weil er eigens um einen wöchentlichen Personalwechsel gebeten hatte.
"Guten Abend Herr Leonard, einen Augenblick bitte..." eine Kette rasselte, dann öffnete der noch recht junge Milliardär die Wohnungstür: "Kommen Sie doch bitte weiter!"
Sebastian Krause war nicht viel älter als Müller, war ebenfalls recht mager und wirkte nicht wie ein milliardenschwerer Geschäftsmann, nein. Eigentlich verglich man eher die lockere Gestalt Krauses mit einem Rennbahnspekulanten. Doch dieser Umstand war Ferdinand Müller um einiges gewogter, dadurch hatte er noch viel leichteres Spiel als zuvor angenommen.
Die Tür fiel hinter Müller ins Schloss, dieser handelte sofort. Wortlos zog er einen Revolver aus der Tasche und feuerte. Ein Schuss reichte, er hatte gut gezielt und traf den sorglosen Mann genau ins Herz. Schweigend trat Müller in den Garten, schnell schaffte er den noch immer leblosen Körper des Steuerberaters ins Haus und verfrachtete ihn und den toten Milliardär im Keller.
Dann machte sich Müller an die Durchsuchung der Villa, Bargeld lag fein aufgestapelt, bereit zur Kontrolle der Wocheneinnahme auf dem Schreibtisch. Es war wie Weihnachten und Ostern an einem Tag!
Müller machte es sich gemütlich, zog einen Morgenmantel des Milliardärs an, hatte er die bestens bestückte Hausbar gefunden. Alles was das Herz begehrte, war zu haben, Müllers Kehle lechzte nach einem großen Glas Whiskey. Freudig goss er sich einen Schwenker voll und trank ihn, in einem Zug aus. Dann schenkte er sofort nach.
Es klopfte, Müller zuckte zusammen. Wer stand da wohl vor der Türe? So was hatte es noch nie gegeben und er wusste es genau, denn immerhin hatte er den Milliardär lange genug beschattet.
"Nur die Nerven bewahren, es kann nichts geschehen." Ferdinand Müller trat an den Spion und linste hinaus.
"Sie wünschen?" Ein Streifenpolizist stand draußen, freundlich legte er zwei Finger an die Mütze und grüßte.
"Guten Abend Herr Krause, Entschuldigen Sie die Störung, Aber es wurde gemeldet, dass aus Ihrer Villa ein Schuss gefallen sei. Ich muss dieser Angelegenheit leider nachgehen."
"Aber natürlich, kommen Sie herein. Es ist alles in Ordnung!" Müller könnte sich Ohrfeigen, den Schalldämpfer hatte er ganz vergessen. Nun gut, jetzt war es geschehen und es war nicht mehr zu ändern, er musste das Beste daraus machen. Der Bulle schien auch keinen Argwohn gegen ihn zu haben, hatte der Polizist ihn doch selber mit Krause angesprochen...
"Wir hatten hier noch nie einen Einsatz!", feixte der Beamte lustig: "Ich habe Sie noch nicht einmal bisher gesehen."
Müller atmete erleichtert auf, damit war er wieder aus dem Wasser.
Der Polizist blickte sich überall suchend um und sah auch das viele Bargeld im Büro.
"Eine Menge Geld haben Sie hier liegen, haben Sie keine Angst, dass jemand hier einbricht?"
"Nein, das Geld ist die Wocheneinnahme und wird noch in den nächsten Stunden von meinem Steuerberater abgeholt."
"Na, dann ist es gut, es scheint wirklich alles in Ordnung zu sein. Mit Sicherheit hat sich der Anrufer geirrt, war womöglich nur eine Fehlzündung."
Müller hatte sich bei der Ausführung des Beamten wieder ein Glas Whiskey eingeschenkt und trank es zügig aus. Dann sah er den Blick des Polizisten, Müller konnte ihn nicht richtig einschätzen, war es eine Frage nach einem Glas?
"Darf ich ihnen ein Glas anbieten, Wachtmeister?"
"Danke nein, ich bin im Dienst."
"Dann erlauben Sie, dass ich mir noch einmal nach schenke. Der Stress heute war wieder sehr anstrengend."
Der Polizist nickte mit einem weiteren verwirrenden Blick, sagte aber nichts mehr sondern verabschiedete sich freundlich.
"Ich wünsche Ihnen noch ein schönes und ruhiges Wochenende, Gute Nacht."
"Gute Nacht und noch einen geruhsamen Dienst."
Der Polizist ging, Müller versperrte die Tür und tänzelnde laut lachend in das Büro zurück. So leicht wie heute hatte er die Polizei noch nie an der Nase herum führen können! Es war wirklich sein Tag heute, zuminderst glaubte Müller daran...
Eine Stunde später stürmte ein Sonderkommando der Polizei die Villa und erwischte Ferdinand Müller im geräumigen Whirlpool, mit zwei leeren und einer beinahe auch noch geleerten Flasche Whiskey, vollkommen besoffen. Die Gerechtigkeit konnte obsiegen...
Die Untersuchung zeigte, dass Sebastian Krause erschossen und der Steuerberater Rudolf Mannheim durch den Genicksschlag in ein tiefes Koma gefallen und daran letztendlich gestorben war.
Streifenpolizist Thomas Landmaiers Bericht war für das Gericht sehr aufschlussreich, er gab glaubwürdig kund - Zitat. "Herr Sebastian Krause war für mich ein Unbekannter, ich hatte ihn nie zuvor gesehen. Aber ich wusste, genauso wie alle anderen in diesem Distrikt, dass der Milliardär ein eingefleischter Anti-Alkoholiker war. Für Gäste und Bekannte hatte er stets die Bar mit dem Besten gefüllt. Aber er selber trank nie auch nur einen einzigen Schluck von diesem Teufelszeug - wie er es selber einmal in einem Artikel veröffentlich ließ..."
"...Meine Damen und Herren, Richter Manuel Stein..."
Der Gerichtsdiener kündigte den Richter an, und wieder erhoben sich alle. Müller hatte die Situation noch immer nicht richtig verdaut. Alles hatte gut angefangen, doch zum Abschluss verlor er mehr, als er jemals zu gewinnen gewagt hatte.
"Meine Damen und Herren, Herr Staatsanwalt, Herr Verteidiger. Es ergeht folgendes Urteil im Namen des Volkes... "
Ferdinand Müller senkte seinen Kopf, er wusste von vornherein wie das Urteil lautete.
"Der Angeklagte wurde des zweifachen Mordes überführt, in Tateinheit mit schwerem Raub. Der Angeklagte Ferdinand Müller wird daher zu einer lebenslänglichen Gefängnishaft verurteilt, die Kosten fallen dem Angeklagten zur Last..."
Ferdinand Müller schritt zwischen zwei Vollzugsbeamten, sein Blick war leer. Durch eine kleine Unwissenheit hatte er sein ganzes restliches Leben weggeworfen. Aber woher hätte er auch wissen können, dass Sebastian Krause, obwohl seine Hausbar bis oben voll mit den edelsten alkoholischen Tropfen war, ein kompletter Abstinenzler war. Niemals hatte und hätte der Multimilliardär auch nur einen Schluck genommen und Müller hatte vor den Augen eines Polizisten sogar gleich zwei volle Schwenker geleert... ein kleiner Observierungsfehler hatte ihn zu Fall gebracht, die Lust auf den harten Stoff hatte alles wieder zunichte gemacht und nun musste er für seine begangene Tat büßen!



»»» Kriminalgeschichten, Krimis, Spannung «««

»»» Kurzgeschichten: Überblick, Gesamtverzeichnis «««

»»» HOME PAGE «««

Ein kunterbunter Blog-Mix
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Limericks «««
»»» Gedichte «««
»»» Gedichte «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Gedichte «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Krimis «««

»»» HOME PAGE «««