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Lisas Impfung

© Sandra Hausser


Vorgestern ist Lisa ist 4 Jahre geworden. Sie hat ein blaues Fahrrad bekommen. Sie kann schon ohne Stützräder fahren. Es macht ihr soviel Spaß, dass sie den ganzen Tag die Auffahrt neben dem Haus rauf und runter radelt.
Vorhin ist Lisa hingefallen. Sie hat plötzlich das Gleichgewicht verloren. Ihr Knie ist ganz aufgeschürft. Sie lässt ihr Fahrrad fallen, humpelt zur Tür und klingelt ganz lange.
"Ach, du Schreck", sagt ihre Mutti, als sie aufmacht. "Bist du hingefallen?"
Lisa weint und nickt.
"Das müssen wir dem Doktor zeigen."
"Warum?"
"Die Abschürfung ist ganz schön groß. Ich will nicht, dass es sich entzündet."
"Was ist entzündet?", fragt Lisa
"So wie beim letzten Mal an deiner Hand. Weißt du noch?"
"Ja", antwortet Lisa. "Die war ganz rot und nass, und hat wehgetan."
"Genau", sagt Mutti. "Deshalb wollen wir dein Knie lieber dem Doktor zeigen, okay?"
Lisa nickt.
Sie freut sich, dass sie zu Doktor Schulz gehen, denn dort kriegt sie immer ein Bonbon.
Als sie wenig später bei Doktor Schulz ankommen, ist das Wartezimmer voll. Lisas Mutti geht an die Anmeldung. Lisa setzt sich in die Ecke, wo die Legosteine liegen. Sie beginnt ein Haus zu bauen.
Eine Frau mit einem Baby sitzt ihr gegenüber. Sie schaukelt das Kind hin und her, weil es weint. Lisa beobachtet die beiden sehr interessiert. Sie bekommt nämlich auch bald ein Geschwisterchen. Darauf freut sie sich. Muttis Bauch wird jetzt schon dicker. Manchmal darf Lisa drauffassen, und dann spürt sie, wie das Baby im Bauch strampelt und sich bewegt.
Jetzt kommt ihre Mutti ins Wartezimmer zurück und setzt sich zu Lisa in die Ecke.
Ein paar Stühle weiter sitzt ein Mädchen mit vielen roten Pickelchen im Gesicht und am Hals. Sie kratzt sich oft, vor allem hinter den Ohren.
"Was hat das Mädchen?", fragt Lisa neugierig.
"Ich glaube, die Masern", flüstert Mutti zurück.
"Kann ich die auch kriegen?" Lisa ist erschrocken, sie möchte nicht aussehen wie das Mädchen.
"Vielleicht", antwortet ihre Mutti, "wenn du dich irgendwo ansteckst."
"Da passe ich lieber gut auf, und komme ihr nicht zu nah. Das sieht nicht schön aus."
"Mäuslein", lacht Mutti, "die Masern gehen auch wieder weg, so etwas bleibt nicht für immer."
"Gut, da hat sie Glück gehabt", erklärt Lisa.
Eine Weile später werden sie ins Sprechzimmer des Doktors gerufen. Mutti nimmt Lisa an die Hand.
Doktor Schulz lächelt, als sie herein kommt.
"Lisa, was hast du denn gemacht?", fragt er.
"Ich bin mit meinem neuen Fahrrad hingefallen. Da sind nämlich keine Stützräder mehr dran", erklärt sie.
"Du kannst schon ohne Stützräder fahren? Das ist ja super!"
"Ja", antwortet Lisa und strahlt.
"Na, dann lass mich mal sehen, was mit deinem Knie los ist" Er schaut sich Lisas Knie genau an.
"Tut das weh?"
"Und wie", jammert Lisa.
Der Doktor holt eine Tube mit Salbe, ein Stück Mull und eine Binde aus einer Schublade. Er gibt Salbe auf das Knie, legt den Mull darüber und umwickelt es mit der Binde. Dann nimmt er einen Kugelschreiber und malt ein Gesicht auf den Verband.
"Das sieht lustig aus", ruft Lisa und freut sich. "Fast wie mein Opa, der hat auch weiße Haare.
Mutti und der Doktor lachen.
"Wie sieht es mit einer Tetanusimpfung aus?", fragt der Doktor.
Lisa weiß nicht, was er damit meint.
"Ich glaube sie ist nötig", sagt Mutti und gibt ihm Lisas Impfausweis.
Lisa wird es mulmig. Wovon reden die beiden?
Doktor Schulz schaut in den Ausweis und nickt.
Mutti kommt und nimmt Lisa in die Arme.
"Lisa du musst eine Impfung bekommen", sagt sie, "das ist ganz wichtig."
"Nein", entgegnet Lisa und schüttelt heftig mit dem Kopf. "Davor habe ich Angst."
"Du brauchst keine Furcht zu haben, es tut gar nicht weh."
Lisa wehrt sich: "Doch, beim letzten Mal hat es weh getan."
"Aber da warst du noch viel kleiner", meint Doktor Schulz. "Jetzt bist du doch schon so groß." Er zeigt mit seinem Arm wie groß Lisa ist. "Wenn du dir die Spritze nicht geben lässt, kannst du sehr krank werden."
"Wieso?"
"Weil die kleinen Bakterien aus der Wunde in deinen Körper krabbeln und dich krank machen können."
"Dann hau sie doch tot", schlägt Lisa vor.
"Ich hab da was Besseres."
"Was denn?", fragt Lisa.
"Hier in der Spritze sind kleine Helfer. Die bauen eine Schranke in deinem Blut, dann können die Bakterien nicht mehr durch, und du bleibst gesund."
"Toll", sagt Lisa und hat ihre Angst schon fast wieder vergessen. Doch als der Doktor mit der Spritze in ihre Nähe kommt, schreit sie los: "Nein, ich will nicht." Lisa will hinausrennen.
Mutti erwischt sie an der Tür und hält sie fest.
"Lisa, Schatz, du weißt jetzt, dass du krank werden kannst ohne diese Impfung. Und wenn du krank wirst, steckst du mich an, und ich dein Geschwisterchen in meinem Bauch. Das willst du doch sicher nicht"
Lisa denkt kurz darüber nach. Nein, das will sie nicht!
"Gut", sagt sie ängstlich, "aber versprich mir, dass es nicht so weh tut."
Doktor Schulz lächelt sie an: "Ich bin ganz vorsichtig, und du musst aufpassen".
"Warum?"
"Ich möchte nachher von dir wissen, ob die Spritze pieks oder paks gemacht hat, einverstanden?"
"Okay", sagt Lisa. Sie legt sich auf die Liege und hebt ihr Röckchen ein kleines bisschen nach oben. Sie wartet auf den Einstich. - Da, es hat pieks gemacht!
"Pieks, pieks, pieks", ruft sie und springt auf.
Der Doktor geht an den Schreibtisch, öffnet eine Schublade und holt eine Handvoll Bonbons hervor. Dann nimmt er den Telefonhörer in die Hand und spricht kurz.
"So, Lisa, die sind alle für dich, und gleich bekommst du noch etwas."
"Ehrlich?"
"Ja, kommt sofort."
Die Tür geht auf, und die Sprechstundenhilfe bringt eine kleine Anstecknadel. Da ist ein Pilz drauf, und es steht auch etwas in ganz bunter Schrift drunter.
"Was heißt das Mutti?"
"Orden für Mut und Tapferkeit beim Arzt", liest Mutti vor."Den hast du dir wirklich verdient", sagt sie stolz.
"Tschüs, Doktor", ruft Lisa und zieht Mutti aus dem Sprechzimmer.
Sie ist froh, dass die kleinen Bakterien ihr Geschwisterchen und sie nicht mehr krank machen können.



Eingereicht am 01. März 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin / des Autors.



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