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Kurzgeschichte Kurzgeschichten

Wasserschaden

© Katja


"Telekom Austria, Guten Tag! Wenn Sie Fragen zu Ihrer Rechnung haben, drücken Sie die 1; wenn Sie eine Störung melden möchten, drücken Sie die 2; bei Fragen zu unseren Produkten drücken Sie die 3; wenn Sie gerne einen unserer kompetenten Mitarbeiter sprechen möchten, dann können Sie jetzt auflegen." Das wäre wohl die korrekte Bandansage der Telekom Austria.
Wer schon einmal Probleme mit seinem Telefon- oder Internetanschluss hatte, weiß wovon ich spreche und alle anderen sollen an dieser Stelle gewarnt sein. Sollten Sie nämlich vorhaben, die Hotline der Telekom-Austria anzurufen, verlegen Sie dies bitte auf einen Tag, an dem Sie nicht mit dem falschen Fuß aufgestanden sind, Ihnen der Streit mit dem Partner vom Morgen nicht mehr im Magen liegt und trinken Sie vor Betätigen der ersten Telefontaste einen kräftigen Johanniskraut-Tee (soll angeblich die Nerven stärken, und glauben Sie: mir Nerven wie aus Drahtseil sind bei diesem Vorhaben gefragt!).
Wenn Sie jedoch dringend die "Hilfe" der Telekom-Austria benötigen und diese anrufen obwohl Sie gestresst sind, dann wundern Sie sich bitte nicht über sich selbst - es kann sein, dass sich der liebenswerteste Mensch in ein keifendes Tier verwandelt, ich glaube selbst der Dalai Lama würde seine guten Vorsätze vergessen und so manch böses Wort könnte über seine Lippen gleiten (wünschen wir ihm an dieser Stelle, dass die Telekom-Tibet besser organisiert ist).
Sie wundern sich nun, warum ich zwei Absätze lang nichts anderes getan habe als über die Telekom-Austria herzuziehen? Ich erzähle Ihnen kurz meine Geschichte und diese ist nur eine von vielen: Vor zwei Monaten wurden wir von einer kleinen Überschwemmung heimgesucht und der ganze Keller stand unter Wasser, in Mitleidenschaft wurden auch Teile der Telefonanlage gezogen - die Folge kein Telefon, kein Internet. Da ein Betrieb ohne derartige Kommunikationsmittel heutzutage nur schwer läuft, schwang ich natürlich gleich mein Handy, um die Telekom-Austria anzurufen um sie zu bitten, jemanden vorbeizuschicken um das Problem zu beheben. Nachdem die fünfte, höchstwahrscheinlich blonde Dame, mir in gebrochenem Deutsch zu verstehen gab, dass Sie mir nicht helfen könne und mich weiterleitete, nahm sich endlich jemand meiner an und begann Fragen zu stellen. Fragen wie: "Warum glauben Sie funktioniert Ihr Telefon nicht, meinen Sie es war das Wasser schuld?" "Welcher Stecker wurde genau nass?" "Haben Sie schon alles ausprobiert um das Problem mit Ihrem Internet zu lösen?" Was soll ich denn ausprobieren? Wasser - alles nass - wahrscheinlich alles kaputt - Hilfe!!
Ich wollte doch nur einen Techniker, der meine Telefonanlage wieder in Gang setzt. Nach dem Frage-Antwort-Spiel wurde mir nun endlich zugesagt, dass sich bald ein Techniker zu uns begeben werde und sich um die Sache kümmert.
Nicht einmal zwei Stunden später stand der Mitarbeiter der Telekom-Austria auch schon in unserem Geschäft. Ein wirklich sympathischer Mann, in der einen Hand ein Köfferchen, in der anderen eine Telekom-Austria-Mappe und - Sandalen an den Füßen. Was ist denn das? Hat dem armen Menschen denn niemand weitergesagt, dass wir bis zu den Knöcheln im Wasser stehen? Na ja, mir war der Umstand weitgehend egal, vielleicht wollte er nur die morgendlich versäumte Kneippkur nachholen und nützte die Gelegenheit. Als ich den Herrn in seinen braunen Ledersandalen dann in den Keller - den Ort des Geschehens - brachte und ihm unsere Telefonanlage mit ihren 20 Steckern und 100 Kabeln zeigte, sah er die Telefonanlage an, sah mich an, wieder die Telefonanlage und fragte: "Und wo ist Ihre defekte Bankomatkassa?"
"Wie Bankomatkassa?", fragte ich zurück.
"Na ich wurde zu Ihnen geschickt um die Bankomatkassa zu reparieren". Sagte es und verließ meinen kurzerhand zum Swimming-Pool erklärten Keller.
Wieder musste ich die Telekom-Austria anrufen, mich wieder von einer zur nächsten Stelle durchstellen lassen um mir erneut einen Techniker zu angeln.
Ein Rückruf wurde mir zugesagt.
Wie ein 17-jähriger Teenie, der den Anruf seines letzten Dates erwartet, brütete ich über meinem Handy und wartete und wartete - kein Techniker rief an. So jetzt reicht´s dachte ich und erlaubte mir 2 Tage später, erneut die Nummer der Hotline zu wählen, das Spielchen "Erklären, Durchstellen, nix wissen" kannte ich ja schon. Der Mann, der sich dann endlich dazu bereit erklärt mir zuzuhören, fragte mich, ob ich denn einen Telekom-Business-Kundin bin. "Ja", sagte ich, "es geht um den Anschluss unseres Betriebes - also Business" - "Na dann kommt natürlich sofort jemand bei Ihnen vorbei und selbstverständlich kostenlos", gab er ganz locker, lässig als Antwort. Es kam wirklich jemand vorbei, weitere 2 Tage später.
Die Telefonanlage funktioniert wieder, es klingelt und es faxt - und mein Psychiater ist um die Einnahmen von 5 Sitzungen reicher!
Als ich mit professioneller Hilfe mein Telekom-Austria-Erlebnis überwunden habe, rief mich Anfang September jemand an: "Guten Tag, Telekom-Austria ich rufe an wegen Ihrer Telefonanlage, welche wegen Wasserschaden defekt sein soll." …



Eingereicht am 03. Oktober 2005.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin / des Autors.


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