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Kurzgeschichte Kurzgeschichten

Das Mädchen der Schlucht

© Patrick Mazur


In ihrem tiefsten Herzen wünschte sie sich, geliebt zu werden.
Ihr trübes Gesicht erzählte eine klare Geschichte, von einer Vergangenheit, die ihr Leben völlig zertrümmerte. Ihre suche nach Liebe erschien endlos zu sein, sie schaute in ihre ferne Zukunft, konnte jedoch keine Liebe entdecken. Jeden Tag schwankte sie umher, lies ihr Leben über sich ergehen. Sie hatte keine Freunde, nicht mal sich selbst, der wohl einsamste Mensch der Welt, so schien sie zu sein. Auf der Suche nach neuen Erlebnissen, traf sie ins leere. Sie scheint voller Unglück zu sein, jedoch hatte sich eine Idee in ihren Kopf gesetzt, die Idee sich Eigenschaften begehrter Personen anzugleichen. Das beliebteste Mädchen der Schule, so dachte sie sich, ist ihr Ebenbild. Sie versuchte nahezu alles, um der Person zu gleichen, trug die gleiche Frisur, zog die gleichen Klamotten an, schminkte sich gleich, ja sogar ihren Charakter versuchte sie nachzuahmen. Jetzt verhoffte sie sich mehr Freunde, in ihrer "maskierten" Art. Langsam aber sicher näherte sie sich einer Gruppe zu. Ihre scheu trieb sie noch etwas weit zurück, doch sie kam immer etwas näher. Einer bemerkte ihre Annäherungsversuche und lud sie gleich ein, mit zur Gruppe zu kommen. Ihr Misstrauen schien jedoch noch ihr in diesem Moment größtes Problem zu sein, ihre Vergangenheit richtete zu große Narben in ihrer Seele an. Sie lehnte ab, das machte sie im Nachhinein zu schaffen und fing an zu weinen. Ihre Verzweiflung trieb sie in den Wahnsinn. Doch sie schien nicht ganz am Boden zerstört, ein Funken Hoffnung schien sich in ihrer Trauer zu lummern. Sie wollte nicht aufgeben, sie will es weiter versuchen. Eine Wiederholung dieser Art durfte sie sich nicht mehr dulden, an ihren Charakter müsse sie noch arbeiten. Sie dachte angespannt über diese Situation nach und prüfte was sie beim nächsten Versuch ändern müsste.
Ihre Angst vor dem neuen Versuch schien unglaublich groß, doch diesmal glaubte sie an sich, was wahrhaftig eine Seltenheit war. Mit viel Selbstbewusstsein stockte sie erneut zu einer Gruppe, ihre Anspannung konnte man von ihren Gesicht ablesen, ihre Hände zitterten, Schweiß trat aus ihrer Haut, Übelkeit verbreitete sich über ihren Körper. Sie wollte flüchten, aber sie konnte nicht, zuviel Angst vor neuen Feighaften. Doch plötzlich wurde sie wieder bemerkt, ihr Atem verschnellerte sich, sie kriegte kaum Luft, als ob sich eine Schnur um ihren Hals gelegt hätte. Ein Junge fragte nach ihren Namen, stotternd gab sie ihren Namen von sich. Der Junge hatte es nicht ganz verstanden und fragte erneut. Da erschrak sie plötzlich, jetzt wollte sie weg, nur noch weg, denn genau das Mädchen das sie nachgeahmt hatte, war in der Gruppe. Da dachte sie, sie würde wahrlich vom Unglück verfolgt werden. Sie bewegte sich nicht, war in ihren Gedanken versetzt, da hörte sie wieder eine Stimme, ein lautes Hallo das sich durch ihren Schock durchgefressen hatte. Erste Reaktionen, erneute Frage des Namens, schließlich riss sich mit aller Kraft zusammen und gab laut und deutlich ihren Namen von sich. Auf einmal hörte man im Hintergrund ein lautes Aufschreien, darauf folgendes Gelächter, der Junge der mit ihr gesprochen hatte, trat weit zurück.
Viele Gesichter starrten auf Sie, überall in der Gruppe war lautes lachen.
Sie wendeten sich sofort von dem Mädchen ab, sie haben erkannt wer sie war, das einsame Mädchen, das keine Freunde hat. Sie wollte um Hilfe schreien, gerettet aus dieser Situation, doch es würde niemand für sie da sein. Sie dachte, das es gar nicht schlimmer kommen könnte, da sah sie plötzlich das Mädchen vor sich, das Mädchen das sie versucht hat nachzuahmen, versucht hat in sich selbst hineinzuklonen, die Situation schien zu eskalieren. Das Mädchen erkannte sofort, welch einen Plan sie habe. Mehrere Freundinnen kamen dazu, und sahen das einsame Mädchen an, die Mädchen entwickelten aggressive Gesichtszüge, ein Mädchen konnte sich das Lachen kaum noch verkneifen.
Sie fingen an zu Spucken, zu Schreien...
Das einsame Mädchen fühlte sich in dieser Situation fast abwesend, sie wollte nichts mehr ertragen, war wie eisgefroren. Die Mädchen entrissen ihr die Kleider, zerstörten ihre Frisur, ja schlugen sogar auf sie ein. Sie lag ganze Zeit regungslos da, schaute in die ferne, ihr verzweifeltes Gesicht gab die hoffnungslose Situation zum Ausdruck. Sie konnte nicht weinen, sie lag nur noch da, in den zerfetzten Kleidern, fast nackt, der zerstörten Frisur. Sie wollte nicht mehr aufstehen, ihre Beine waren wie gelähmt, sie lag einfach nur da und schaute in die ferne.
Ihr Körper schmerzte, doch keine Regung .....
Ihre Hoffnung war völlig erloschen, ihre Einsamkeit größer den je, es gibt keinen Ausweg mehr. Sterben, dies war ihr einziger Gedanke, bloß nur noch Sterben, ihre Gedanken konzentrierten sich einzig und allein auf den Tod. Sie lag immer noch auf den kalten Betonboden, zahlreiche Leute starrten sie ratlos an.
Auf einmal fing sie an zu Weinen, fast wie aus dem nichts, sie war unüberhörbar. Vor ihren Augen sah sie einen Jungen, verschwommen sie konnte es nicht genau realisieren. Sie hörte dumpfe Geräusche, langsam konnte sie eine Stimme raushören, sie konzentrierte sich und hörte dass der Junge mir ihr spricht.
Der Junge fragte was geschehen ist, sie gab jedoch keine Antwort von sich.
Sie schloss für kurze Zeit ihre Augen, ihre Gedanken sind auf den negativsten Punkt.
Als sie wieder aufwachte sah sie sich in den Händen des Jungen wieder, es war kaum zu glauben, der Junge trug sie ins Krankenzimmer. Als der Junge bemerkte das sie ihre Augen wieder geöffnet hatte, sagte er laut das der Krankenwagen bald kommen würde.
Im Krankenhaus angekommen sprach sie kaum ein Wort von sich, auch nach der Frage was passierte, wie ihr Name lautet, woher sie kommt, hat sie nicht reagiert, der Junge jedoch blieb ganze Zeit bei ihr, ohne das sie es bemerkt hatte und er machte sich Sorgen um sie.
Nach einiger Zeit kam die Mutter herein und bat den Jungen herauszugehen.
Sie fragte wie es ihrer Tochter wohl ginge, doch sie zeigte keine Reaktionen, sogar als sie zuhause ankamen, zeigte sie keinerlei Reaktionen.
Am nächsten Tag musste sie zur Schule, gegen ihren Willen. Auf den Weg dorthin überkam ihr viel Angst, doch sie ging weiter ohne viel nachzudenken. Kein Schüler beachtete sie sehr stark, fast so als wäre der Vorfall des gestrigen Abends vergessen. Der Unterricht begann wie immer, sie ging zum Klassenzimmer, die Lehrerin kam herein. Doch so fleißig sie immer war, hat sie jetzt nicht aufgepasst, meldete sie sich nicht mehr. Die Pause begann, ihre Angst durchbrach jedoch ihre Abwesenheit zu sich selbst, sie dachte wieder an den einen Moment, dachte daran welch Schmerzen sie hatte, die jedoch kaum zu den seelischen Schmerzen zu vergleichen sind. Sie sah sich nicht um, aus Angst entdeckt zu werden, ging in gewohnter Kleidung zur Schule, ohne schöne Kleider, ohne gerichtete Frisur. Der Junge, der das Mädchen geholfen hatte konnte sie trotz starker Suche nicht finden, seine Gedanken befassten sich nur mit dem Mädchen, da bemerkte er, dass er sich in sie verliebt hatte. Er suchte und suchte, aber er konnte sie nicht finden. Er hielt es nicht mehr aus, nach Wochenlanger suche hat er es einfach nicht gefunden, es lag wohl daran das sie wieder ihr altes Aussehen trug.
Das Mädchen selber hatte ihn jedoch völlig vergessen und erinnert sich auch nicht an jene Augenblicke mit ihm. Der Junge war verzweifelt, er schrieb einen Abschiedsbrief, mit der Begründung und brachte sich letzterendlich um.
Das Mädchen dachte nur ans Sterben, was sollte sie jetzt machen? Keiner liebt sie, alle hassen sie, sie hasst sich selbst. Nein, sie wollte nicht mehr leben, keine schmerzen mehr ertragen. Sie bereitete ihren Tot schon vor, holte sich Schlaftabletten ihrer Mutter, doch sie war noch nicht bereit, irgendetwas gab ihr ein unruhiges Gefühl.
Doch am nächsten Tag müsste sie noch mal zur Schule, das wollte sie keinesfalls.
Sie schlief nach einiger Zeit ein, ihre Mutter weckte sie zur Schule, da erschrak sie.
Sie wollte doch nicht zur Schule, was wäre wenn sie noch mal so behandelt werden würde wie an den Tag, als ihre Kleider zerrissen wurde, ihr Leben zerstört wurde.
Doch sie musste, mit zitternden Beinen ging sie zur Schule. In der Schule angekommen hörte sie überall Gespräche über einen Jungen der sich wegen einem Mädchen das Leben genommen hätte. Sie war schockiert über diese Nachricht und informierte sich sofort. Der Abschiedsbrief wurde in der Schülerzeitung veröffentlicht, der Junge wollte es so, er wollte, dass das Mädchen das er suchte alles liest.
Sie kaufte sich sofort die Schülerzeitung und lies sich alles durch.
Abschiedsbrief des Jungen in der Schülerzeitung:
"Bitte veröffentlicht meinen Abschiedsbrief in der Schülerzeitung, damit jeder sehen kann, was ich gefühlt habe und ertragen musste und das Mädchen meines Lebens alles von mir weiß.
Ich war besessen, nach der Suche der Liebe. Ich wollte das Gefühl der Liebe in mir liegen haben, wollte wissen was mit einem passiert. Diese Neugierde traf mich bis zu diesem Zeitpunkt meines traurigen Lebens.
Als es dann geschah und ich zum ersten Mal Liebe empfand, war sie wunderschön. Das Gefühl ist einfach nur atemberaubend. Doch länger ich liebe empfand und ich nicht bei dir sein konnte, so wurde der Schmerz größer. Als ich dich in meinen Armen sah und mir dein Gesicht genau angeschaut hatte, sah ich wie sich deine wunderschönen Augen geöffnet haben. Ich hatte ein seltsames Gefühl im Bauch, scheint wohl es war es Liebe auf den ersten Blick, zumindest bei mir. Ich suchte dich, wochenlang, mein Schmerz wuchs zu einem unerträglichen Schmerz über. Ich wollte nicht mehr leben, weil du nicht bei mir warst. Viele mögen jetzt denken ich sei dumm, warum tue ich so was? Doch ich kann ohne dich nicht leben.
Ich möchte mich bei allen Bekannten entschuldigen, für die Leiden die sie haben werden, aber ihr werdet sicher ein glücklicheres Leben als ich haben.
Ich hoffe, dass es dir gut geht, unbekannte Mädchen meines Lebens.
Aufwiedersehen!"
Da erinnerte sich das Mädchen an den Jungen, in den sie in seinen Händen aufgewacht ist.
Ein Schock verlief über sie, jetzt dachte sie nach.
Sie dachte ganze Zeit, dass sie von jedem gehasst wäre, dachte immer Keiner konnte sie leiden. Doch ein Junge liebte sie, ohne dass sie es wusste und wegen ihr starb ein Junge, ohne dass sie es wollte.



Eingereicht am 08. Mai 2005.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin / des Autors.


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