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Kurzgeschichte Kurzgeschichten

Kommen und gehen

Andreas Remenyi


Ich werde zu ihr gehen. Doch nicht um bei ihr zu sein. Obwohl es meistens schön ist, war das noch nie mein Ziel. Wir kennen uns seit hundert Tagen und lieben uns in allen Lagen, doch bevor es zu schön wird packe ich meine Sachen.
Ich weiß was passiert wenn ich zu lange bleibe. Ich werde durchsichtig und verliere mich. Und dann muss ich mich wieder zusammensuchen. Das kann lange dauern. Ich will mich bei mir haben, genauso wie sie. Doch sie kann es nicht verstehen. Sie wird es nie verstehen, denn sie ist ganz. Und es macht ihr Spaß, sich mit meinen Teilen zu schmücken. Ich bin vorsichtig.
Ihre Tränen haben mich zum Bleiben verleitet und immer weiter von mir weggebracht. Damit sie sich nicht verlassen fühlt habe ich mich verlassen.
Wir stoßen an Grenzen, habe ich gesagt. Doch sie hat mich nicht gehört. Also habe ich mich umgedreht. Es war schwer, den ersten Schritt zu setzen, und den zweiten, bis hierher. Doch jetzt fühle ich mich wohl, und ihre lieblichen Rufe höre ich meistens nur noch von der Ferne. Selbst ihre schönsten Tänze können mich nicht mehr verzaubern. Ich betrachte sie, ich genieße sie, ich schwinge mit ihnen mit und lasse mich betäuben um zum rechten Zeitpunkt durch die Tür zu fließen und einen Atemzug später wieder bei mir zu sein.
Ich will nicht wieder Teile werden. Zu Spielsteinen. Ich verlasse mich nur noch wann ich will und wohin ich will. Und wenn sie sich besorgt um mich dreht und fragt was zu meinem Glück fehlt sag ich ich muss gehen um zu kommen.



Eingereicht am 08. Januar 2005.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin / des Autors.


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