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Mein Sohn und die Blindschleiche

Von Wolfgang Scholmanns


Dieser Samstagmorgen liegt schon sehr lange zurück, aber die Erinnerung daran, entlockt mir immer noch ein lauthalsiges Lachen. Da ich mich schon seit einigen Jahren mit dem seltenen Hobby der Mykologie (Pilzkunde) beschäftigte, und mein 10jähriger Sohn mittlerweile auch Interesse an diesen kleinen Wald - und Wiesenbewohnern gefunden hatte, nahm ich ihn an diesem Morgen mit in den Wald, um ihm einige Pilzarten zu zeigen. Wir schmierten uns noch ein paar Brote und ich machte noch eine Thermoskanne mit Tee fertig. Mein Sohn hatte mittlerweile den Pilzkorb aus dem Keller geholt und wartete schon ganz ungeduldig. " Wir müssen noch zwei Messer in den Korb legen, denn die gehören nun mal zu der Ausrüstung eines Pilzsammlers", sagte ich zu ihm. Er zeigte mit dem Finger auf den Korb und sagte grinsend:" Schon alles erledigt, ich habe unsere beiden Taschenmesser in den Korb gelegt." Ich strich mit der Hand über seinen Kopf. " Gut gemacht mein Junge." Wir zogen unsere Jacken an und gingen zum Auto. Schnell noch den Korb, unsere Tasche mit den Broten und der Thermoskanne, in den Kofferraum gepackt, und ab ging es, Richtung Pilzwald.
Nach einer halben Stunde Autofahrt, hatten wir unser Ziel erreicht. Mein Sohn wurde ganz nervös und fragte am laufenden Band: "Finden wir hier auch Pilze, welche Pilze wachsen hier, nehmen wir auch welche mit?" " Nur die Ruhe", sagte ich zu Ihm, " Wir werden schon Pilze finden." Am Waldesrand fand ich einen geeigneten Parkplatz und stellte unser Auto dort ab. Wir stiegen aus, holten unser Marschgepäck aus dem Kofferraum und marschierten los. Da ich diesen Wald wie meine Westentasche kenne, schlug ich dann auch die Richtung zu einem Gebiet ein, in dem ich in den letzten Jahren, immer die verschiedensten Pilzarten gefunden hatte. Es war schon ein ziemlich langer Fußmarsch, den wir zurücklegen mussten und dann waren da auch noch Schwärme von lästigen Mücken, die es darauf abgesehen hatten, von unserem Lebenssaft zu kosten. Aber das konnte uns nicht aufhalten, denn wir hatten Spaß und freuten uns schon darauf, die ersten Pilze zu entdecken. Als wir das Pilzgebiet, nach 45 Minuten erreicht hatten, machten wir erst einmal eine kleine Pause, stärkten uns mit einem Butterbrot und einer Tasse Tee und machten uns dann auf die Suche, nach diesen kleinen Waldbewohnern. Es dauerte nicht lange, da sahen wir schon die ersten Braunkappen neugierig aus dem Waldboden gucken. Mein Sohn, holte blitzschnell sein Messer aus dem Korb, kniete sich nieder und wollte gerade damit beginnen die Pilze abzuschneiden, als ich zu ihm sagte:" Stopp, so macht man das nicht." " Aber ich dachte, Pilze werden kurz über dem Boden abgeschnitten," erwiderte er. Ich sagte ihm, dass viele Pilzsammler der Meinung sind, dass es richtig wäre die Pilze mit dem Messer abzuschneiden, aber um den ganzen Fruchtkörper des Pilzes zu erkennen, sollte man ihn ganz vorsichtig aus dem Boden drehen. Außerdem haben Speisepilze oft zum verwechseln ähnliche Doppelgänger, die man nur dann von einander unterscheiden kann, wenn man den ganzen Fruchtkörper des Pilzes vor sich hat. Er lachte und sagte:" Ich versuch dann mal, den Pilz aus dem Boden herauszudrehen." Es funktionierte, denn er machte es so vorsichtig und mit so viel Gefühl, als hätte er schon jahrelange Erfahrung damit.
Gut gemacht, mein Sohn, du scheinst das richtige Händchen dafür zu haben. Es ist nämlich gar nicht so einfach einen Pilz unverletzt aus dem Erdreich zu drehen!" sagte ich zu ihm. Von den fünf Braunkappen, die dort standen, nahmen wir nur drei Stück mit, denn wenn man immer alle Pilze mitnehmen würde die man findet, gäbe es schon bald keine mehr. Auch das erklärte ich ihm. Wir gingen weiter, fanden noch einige Steinpilze, Birkenpilze, Stockschwämmchen und Pfifferlinge und ich beantwortete meinem Sohn die vielen Fragen, die er zu den einzelnen Pilzarten hatte. Das Wichtigste war, ihm zu erklären wie sich ein giftiger Doppelgänger von einem Speisepilz unterscheidet. Mein Sohn hörte aufmerksam zu und ich merkte, dass er wirklich sehr interessiert war. Zum Glück fanden wir dann auch noch einige Giftpilze die ihren schmackhaften Artgenossen so ähnlich sahen, dass ihm der manchmal nur winzigkleine Unterschied nicht aufgefallen wäre. An Hand von diesen praktischen Beispielen, konnte ich ihm dann noch ein bisschen deutlicher machen, welche Merkmale einen Speisepilz von einen ihm, ähnlich aussehenden, aber giftigen Artgenossen, unterscheidet. Wir hatten mittlerweile schon so viele Speisepilze gesammelt, dass es für ein leckeres Mittagessen reichen würde, deshalb schlug ich vor, dass wir, nachdem wir die Pilze gesäubert haben, langsam den Rückweg antreten. Mein Sohn war damit einverstanden, fragte aber noch warum wir eigentlich die Messer mitgenommen hatten. Ich musste lachen und sagte:" Du hast natürlich gedacht, wir würden mit den Messern die Pilze abschneiden. Aber da ich dir ja vorhin erklärt habe, dass man die Pilze vorsichtig aus dem Boden dreht, habe ich deine Frage schon viel früher erwartet.
Das Messer brauchen wir, um unsere gesammelte Pilze zu säubern. Die abgeschnittenen Pilzteile lassen wir dann im Wald zurück, denn wir wollen ihm ja nicht mehr entnehmen als wir brauchen. Diese Pilzabfälle dienen dann als natürlicher Dünger für unseren Wald. Wenn alle Pilzsammler es so machen würden, täten sie dem Wald etwas Gutes und ihre Mülltonnen zu Hause, würden nicht nach den schnell faulenden und stinkenden Pilzabfällen riechen. Nach dieser Erklärung, nahm ich die gesammelten Pilze aus unserem Korb, und begann damit sie zu säubern. Mein Sohn sah zu, und nach einer Weile, nahm er sich einen Pilz, und machte es mir nach. Ich muss zugeben, dass er es erstaunlich gut machte, den nachdem ich mir die von ihm gesäuberten Pilze angesehen hatte, und feststellte, dass er sie meisterhaft gesäubert hatte, brauchte ich sie nicht mehr nachzuarbeiten und konnte sie wieder in den Korb zurücklegen. Nach dieser Pilzsäuberungsaktion, machten wir uns dann auf den Heimweg. Schweigend und nachdenklich, lief mein Sohn vor mir her, immer seinen Blick auf den Boden gerichtet. Plötzlich schrie er auf:" Hilfe, eine Schlange, die ist bestimmt giftig". Mit einigen Schritten, war ich bei ihm, und als ich dann dieses Monster entdeckte, musste ich laut lachen. Es war eine ca. dreißig cm lange Blindschleiche, die meinen Sohn so erschreckt hatte. Ich beruhigte ihn und erklärte ihm, dass dieses kleine Tierchen eine Blindschleiche sei, und völlig ungefährlich ist. " Außerdem, hat sie bestimmt mehr Angst vor dir gehabt, als du vor ihr, " fügte ich noch hinzu. Da musste auch er lachen, und sagte:" Ach eine Blindschleiche war das, wenn ich das gewusst hätte! In der letzten Woche haben wir noch im Unterricht darüber gesprochen, aber in unserem Biologiebuch sah sie irgendwie anders aus." Auf dem Nachhauseweg, unterhielten wir uns dann noch ein bisschen über heimische Tierarten und mussten zwischendurch immer wieder über diese " gefährliche Schlange " lachen.




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