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Maulwurfhügel

Von Wolfgang Scholmanns


Ich erinnere mich noch oft an die Zeit, wo ich als Kind auf einem Bauernhof in unserer Nachbarschaft bei der Ernte, beim Melken und sonstigen Arbeiten, die in so einem Betrieb anfallen, geholfen habe. Eines Morgens, in den Sommerferien, stand ich ganz früh auf, denn ich wollte dem Heinrich, so war der Name des Bauern, beim Melken der Kühe ein wenig behilflich sein. Die Kühe befanden sich auf einer ca. 5 km entfernten Weide, denn es war Sommer und der Stall, in dem sie in der kalten Jahreszeit untergebracht waren, stand jetzt leer. Sie freuten sich bestimmt, über ihre Bewegungsfreiheit, das frische Gras und über die sonst noch schmackhaften Pflanzen, die sie hier auf dieser Weide, in großer Anzahl vorfanden. Die Milchkannen und das Zusatzfutter wurden auf einen Hänger gepackt, der Traktor vorgespannt und auf ging es, Richtung Kuhweide. Als wir unser Ziel erreicht hatten, waren die Kühe schon alle am Melkstand versammelt, denn sie kannten die Zeit ganz genau, wo Heinrich kam, sie von der schwer zu tragenden Last der im Euter gesammelten Milch erlöste und ihnen auch noch dieses schmackhafte Zusatzfutter servierte. Heinrich parkte den Traktor direkt neben dem Melkstand, so dass wir die Milchkannen und das Futter nicht so weit schleppen mussten. Er hatte damals schon eine dieser modernen Melkmaschinen, mit denen der Melkprozess wesentlich schneller von statten ging, als die mühselige Arbeit, mit den Händen zu melken. Bevor die Kühe gemolken wurden, lud ich noch schnell das Zusatzfutter vom Anhänger, füllte es in eine Karre, die ich aus einem kleinen Schuppen, der sich neben dem Melkstand befand, geholt hatte und verteilte es dann gleichmäßig in dem langen Trog vor dem Melkstand. Als ich meine Aufgabe erledigt hatte, setzte ich mich auf einen Melkschemel und schaute Heinrich bei seiner Arbeit zu. Plötzlich bemerkte ich neben mir ein Rascheln. In einem Blätterhaufen, der sich vor dem kleinen Schuppen angesammelt hatte, schien sich ein Tier versteckt zu haben. Ich vermutete, dass es ein Igel ist, der diese Ansammlung von Blättern als Versteck nutzte. Neugierig, wie ich nun einmal war, stand ich auf, nahm einen Stock, der neben mir auf dem Boden lag, und schob vorsichtig die Blätter auseinander. Zu meinem Erstaunen, war es kein Igel, der dieses Rascheln verursacht hatte, sondern ein kleiner Maulwurf, dessen Fell jetzt im Licht der Sonne so wunderschön samtig glänzte, dass ich einfach zugreifen musste, um zu spüren wie es sich anfühlt. Überraschenderweise, machte er keinen Fluchtversuch und es war für mich ein Leichtes, ihn in die Hand zu nehmen. Wirklich, wie Samt fühlt es sich an, dachte ich, als ich sanft über sein schwarz schimmerndes Fell strich. Heinrich, der mit seinen Kühen beschäftigt war, bekam von der ganzen Sache nichts mit. Er hätte bestimmt geschimpft und mir gesagt, ich solle das Tierchen sofort wieder freilassen. Mir aber kam da plötzlich der Gedanke, einem Gärtner der in unserer Nachbarschaft einige Felder mit verschiedenen Blumen hatte, einen Streich zu spielen. Dieser Gärtner, konnte Kinder nicht leiden und verjagte uns immer, wenn wir uns auch nur in der Nähe seiner Felder aufhielten. Vor einer Woche, als er uns dabei erwischte, dass wir eine seiner wertvollen Blumen abgeschnitten hatten, rannte er hinter uns her, erwischte meinen Freund am Arm und gab ihm eine Ohrfeige. Er drohte damit, es unseren Eltern zu erzählen und wir würden schon sehen was dann passiert. Das alles wegen einer einzigen Blume, wo doch Tausende davon auf seinen Feldern standen. Ich ging in den kleinen Schuppen neben dem Melkstand und suchte nach einem Behältnis, in dem ich den Maulwurf transportieren konnte. Da fiel mein Blick auf eine Stofftasche. Ein bisschen Heu, das ich auch noch in diesem Schuppen fand, kam in diese Tasche und diente dem kleinen Maulwurf als vorläufige Unterkunft. Auf dem Anhänger, so erinnerte ich mich, befand sich eine Plane, unter der ich die Tasche gut versteckte. Heinrich, der mittlerweile mit dem Melkgeschäft fertig war, trieb die Kühe wieder auf die Weide und stellte anschließend die schweren Milchkannen mit der noch warmen Milch auf den Anhänger. Er räumte noch schnell die Melkmaschine in den Schuppen, verschloss ihn, und schon bald fuhren wir nach Hause. Auf dem Bauernhof angekommen, half ich Heinrich noch den Hänger abzukoppeln, wartete bis er die große Karre geholt hatte, die Milchkannen auflud und sie dann ins Kühlhaus brachte. Jetzt hatte ich freie Bahn, schnappte mir die Tasche mit dem Maulwurf und lief zu dem Blumenfeld des kinderfeindlichen Gärtners. Dort angekommen, befreite ich den kleinen Maulwurf aus seiner Gefangenschaft und setzte ihn auf das wunderschöne Blumenfeld. Froh über seine wiedererlangte Freiheit, buddelte er sich sofort ein und hinterließ dabei einen großen Erdhaufen, dessen Aufwerfen einige der schönen Blumen aus ihrer Verwurzelung löste. In den nächsten Tagen konnte ich beobachten wie die Anzahl der Maulwurfhügel wuchs und wuchs. Als mein Freund einige Tage später mit seinen Eltern aus dem Urlaub zurück kam, und ich ihm von meinem Erlebnis erzählte, wollte er sofort zum Blumenfeld, um sich davon zu überzeugen, dass ich ihm keinen Bären aufgebunden hatte. Als er dann die vielen Maulwurfhügel und die teilweise umgeknickten Blumen sah, musste er lauthals lachen und freute sich darüber, dass der Gärtner nun als Dank für die Ohrfeige, seine gerechte Strafe erhalten hatte.




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