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Das Geschäft meines Lebens

©  Rudi Jagusch


Es war mal wieder einer der Tage, an dem ich am besten gar nicht aufgestanden wäre. Draußen regnete es Bindfäden und der Wind pfiff stetig um die Ecke meines Büros. Meine Sekretärin hatte sich eine Erkältung zugezogen und so mühte ich mich ohne großen Erfolg mit der Anfertigung einer Rechnung ab. Ich stellte einmal mehr für mich fest, dass nur Bares Wahres ist und nahm mir vor, in Zukunft wieder mehr die Kröten direkt in die Hand zu bekommen. Gerade als ich auf der Tastatur versuchte, irgendwie an das Eurozeichen zu kommen, klopfte jemand energisch an meine Bürotüre. Dankbar über die Abwechslung rief ich ein schlichtes "Herein" aus. Ohne Zögern trat ein stattlich aussehender Mittvierziger ein und begrüßte mich über den Tisch hinweg per Handschlag.
"Teutschner mein Name. Dr. Ralf Teutschner um genau zu sein. Ich gehe davon aus, dass Sie der Detektiv persönlich sind?"
Ich schüttelte seine Hand kurz wobei ich mir nicht die Mühe machte aufzustehen. Seine direkte Art überraschte mich ein wenig. Normalerweise waren meine Klienten eher zurückhaltend, wenn sie bei mir herein kamen. Es ging ja meistens auch um delikate Angelegenheiten. Mit einer einladenden Handbewegung wies ich auf den freien Stuhl vor meinem Schreibtisch.
"Nehmen sie doch Platz, Herr Teutschner. Ja, Sie vermuten richtig. Ich bin es persönlich, Privatdetektiv Sebastian Ernst, was kein Spaß ist."
Ich gluckste ein wenig vor mir her bevor ich ihn fragte:
"Was kann ich für Sie tun?"
Teutschner hatte sich mittlerweile gesetzt und schlug die Beine übereinander. Er schaute mir offen in die Augen und zögerte ein wenig mit der Antwort. Ich erwiderte den Blick ungerührt. Mit solchen einfachen Mitteln ließ ich mich nicht mehr aus dem Konzept bringen. Es schien eine Prüfung gewesen zu sein, denn nach einiger Zeit brach er das Schweigen:
"Sie sollen gut sein?"
"Besser."
"Wo ist der Haken?"
"Ich bin teuer."
Er lächelte zufrieden.
"Das wurde mir berichtet."
"Wer?"
"Spielt keine Rolle."
"Stimmt."
Ich war nie der Kerl, der überflüssige Worte liebte und er anscheinend auch nicht. Aber irgendwie musste ich nun mal ran an den Auftrag:
"Also, da wir nun alles Grundlegende diskutiert haben nochmals meine Frage: Was kann ich für Sie tun?"
"Ich habe einen Auftrag für Sie. Wenn dieser zu meiner Zufriedenheit erledigt wird, folgt das Geschäft Ihres Lebens."
Ich lehnte mich etwas vor.
"Hm, hört sich ja geheimnisvoll an. Also Butter bei den Fischen, um was geht's"
"Ich bin Anwalt und möchte mich auf das Scheidungsrecht konzentrieren. Ein lukratives Gewerbe, Sie verstehen, was ich meine."
Jetzt fiel es mir wieder ein. Klar, Kanzlei Dr. Ralf Teutschner und Partner. Hier in der Stadt bekannt wie ein bunter Hund. Hätte mir direkt ein Licht aufgehen müssen und hoffentlich unbemerkt ärgerte ich mich über meine Unaufmerksamkeit.
"Sehen Sie, Herr Ernst, es ist für die Erreichung unserer Ziele beziehungsweise der Ziele unserer Mandanten zweckdienlich, delikate Hintergrundinformationen zu bekommen. Diese können laufende Verfahren recht erfolgreich einkürzen, Sie verstehen, was ich meine."
Selbstverständlich verstand ich. Solche Aufträge hatte ich schon gelegentlich erhalten und zur Zufriedenheit ausgeführt. Was ich da manchmal vor die Linse bekommen habe, war schon fast ekelig. Sexpraktiken gibt es, da kommt man gar nicht drauf. Und wenn ein Verfahrensgegner schließlich damit konfrontiert wird, knickt er meistens ein und stimmt allem Möglichen zu.
"Und ich soll Ihr Partner in dieser Sache werden?", versuchte ich auf den Punkt zu kommen.
"Ja, genau. Aber endgültig entscheiden möchte ich mich später. Zunächst muss ein Auftrag reichen um zu sehen, ob Sie loyal und verschwiegen sind."
"Sehe ich kein Problem drin. Welchen Auftrag soll ich erledigen?"
"Sie sollen jemanden beobachten und aufklären, ob diese Person ihrem Ehemann immer noch treu verbunden ist, Sie verstehen, was ich meine."
"Gibt es nähere Einzelheiten und wie lange soll ich tätig werden."
"Oh, ganz einfach. Sie sollen die Person zwei Wochen observieren und bekommen von mir dafür zweitausend Euro Vorkasse zuzüglich Spesen."
"Hört sich gut an. Wo finde ich diese Person."
"In Ägypten."
Überrascht stieß ich die Luft aus.
"Wie, Ägypten?", mehr fiel mir zu diesem Zeitpunkt nicht ein.
"Sie werden an einer Nilkreuzfahrt teilnehmen. Die Buchung hierfür habe ich bereits vorgenommen, die Kosten trage selbstverständlich ich. Wir müssen sie nur noch für die Reise legitimieren. Übermorgen geht es los - wenn sie den Auftrag annehmen."
Die Sache wurde ja immer besser. Ich grübelte einen Moment nach. Ich sah den grauen Wetterbrei draußen gegen meine Bürofenster klatschen und wusste plötzlich, dass ich genau diesen Auftrag bestens gebrauchen konnte. ‚Ab in den Süden, der Sonne hinterher…' trällerte ich im Geiste vor mich hin als ich antwortete:
"Einverstanden. Aber um wen geht es denn nun."
"Um meine Frau."
Ich fiel fast vom Stuhl. Das alte Schlitzohr! Kanzlei Dr. Ralf Teutschner und Partner, wobei Partner für seine Frau stand, Frau Dr. Isabell Teutschner, geborene Gräf. Lokale Berühmtheit erlangte sie, weil sie jede außergewöhnliche Nachbarschaftsstreitigkeit mit einer Vehemenz vertritt, als wenn Leben davon abhängen würde. Natürlich war sie somit das Lieblingskind der Presse und sie nutzte diese Liebe Gewinn bringend aus. Es kriselte also zwischen den Beiden und er versuchte sie nun günstig aus der Kanzlei zu drücken. Dies kombinierte ich mir schnell und voller Stolz selbst zusammen als er erläuterte:
"Eigentlich wollten wir beide diese Reise gemeinsam antreten, doch ich habe dringende Termine dazwischen bekommen, Sie verstehen, was ich meine."
Ich griff nach meiner Jacke, die ich über meine Stuhllehne gehangen hatte, stand auf und kam um den Tisch herum. Er war auch aufgestanden und so führte ich ihn mit einer Hand an der Schulter zur Tür hinaus. Im Gehen erklärte ich ihm:
"Verlieren wir keine Zeit . Ich schlage vor, dass wir den Rest auf dem Weg zum Reisebüro besprechen, denn ich muss ja noch packen."
Es war bereits nach Mitternacht, als die Egypt Air Maschine auf der Rollbahn von Assuan aufsetzte. Ich hatte den Flug genutzt, um meine Unterlagen zu studieren. Teutschner hatte mir auch ein Bild seiner Frau mitgegeben und ich muss zugeben, dass ich angenehm überrascht war. Ich hatte eher eine verkniffene Brillenschlange erwartet aber das Bild zeigte eine hübsche schlanke Frau in einer eleganten Kombination. Die braunen Haare zu einem langen Pferdeschwanz geflochten hingen ihr vorne über die Schulter. Aus den Unterlagen hatte ich erfahren, dass sie genauso alt wie ich war und somit zehn Jahre jünger als ihr Mann. Ich hatte versucht, sie im Flugzeug ausfindig zu machen, doch saß ich ziemlich weit hinten und sah überwiegend nur die Hinterköpfe der Passagiere.
Die Abwicklung am Flughafen funktionierte reibungslos. Als ich aus dem Gebäude in die angenehm warme Nacht hinaus trat wurde ich plötzlich von jugendlichen Kofferträgern umzingelt, die alle "Ahlan wa sahlan" riefen. Einer von ihnen konnte mir meinen Koffer entreißen und zog los in Richtung der Transfer-Busse. Mir blieb nichts anderes übrig als hinterher zu rennen und schließlich für die erbrachten Dienste mein erstes Bakschisch abzudrücken. Nachdem der Busfahrer den Koffer verstaut hatte und ich mich bei meinem Reiseleiter Achmed angemeldet hatte, bestieg ich den Bus - und dort sah ich sie zum ersten Mal. Sie war ganz in weiß gekleidet, so dass ihre sonnenbraune Haut einen schönen Kontrast dazu bot. Ich ging an ihrem Sitz vorbei und setzte mich in eine der hinteren Reihen. Sie unterhielt sich angeregt mit ihrer Sitznachbarin, einer alten Eule von bestimmt siebzig Jahren. Als der Bus endlich loswankte und ich meine Gedanken etwas abschweifen lies fiel mir auf, wie unwahrscheinlich der Erfolg meines Auftrages war. Wenn alles so stimmt wie mir berichtet wurde, dann kam für sie die alleinige Reise äußerst überraschend. Kaum möglich, dass sie ihren eventuellen Liebhaber noch hätte einladen können. Natürlich könnte sich eine Liaison auch aus der Reisegruppe heraus ergeben, aber auch dies erschien mir wenn ich mich so umsah für fast ausgeschlossen. Schlagartig wurde mir klar, dass der Auftrag im Vorfeld bereits so gut wie erledigt war und ich hier tatsächlich einmal Urlaub machen konnte. So entspannte ich mich ein wenig und lehnte mich in den Sitz zurück. ‚Ägypten ich komme', dachte ich, bevor mir die Augen zu fielen.
Die ersten Tage gingen ins Land. Wie ein dickes Walross glitt unser Schiff durch den Nil und spuckte uns in regelmäßigen Abständen ans Land, damit wir die Sehenswürdigkeiten Ägyptens huldigen konnten. Normalerweise machte ich mir ja nichts aus alten Gemäuern, aber Land und Leute ließen auch in mir eine Faszination entstehen, die ich genüsslich auskostete. Mit meinem Auftrag verhielt es sich so, wie am ersten Tag schon vermutet. Ich folgte ihr auf Schritt und Tritt, was aber auch nicht sonderlich schwer war, da sie ebenfalls zu Achmeds Reisegruppe gehörte. Wenn sich eine Gelegenheit bot, schoss ich hier und da ein Bild von ihr. Sie sollten als praktische Beweisfotos meiner Beschattungstätigkeit dienen. Auch einige Worte hatten wir schon miteinander gewechselt, belangloses Zeug wie über das Wetter oder Essen. Es gab also keine besonderen Vorkommnisse und so war ich eigentlich die ganze Zeit davon ausgegangen, dass ich diskret meiner Aufgabe nachgegangen bin. So überraschte es mich schon, als sie plötzlich neben mir an der Rehling des Oberdecks stand und wie beiläufig erwähnte:
"Sie beobachten mich."
Ich fuhr erschrocken zusammen. Ich antwortete nicht sofort sondern versuchte von meiner Unsicherheit mit einer Gegenfrage abzulenken:
"Wie kommen Sie denn darauf?"
"Eine Frau spürt dies."
Aha. Also steckte keine Ahnung dahinter. Sie fühlte sich anscheinend von meiner versteckten Aufmerksamkeit geschmeichelt. Mein Selbstbewusstsein fand sich schnell wieder ein:
"Nun, da haben Sie den richtigen Riecher. Sie sind eine bildhübsche Frau und wenn ich mich hier so umsehe, sind sie die Einzige, von der ich dies sagen kann."
Sie lächelte verzaubernd und die orange-rote Abendsonne ließ ihre Augen golden aufleuchten. Ich schluckte heftig bei diesem Anblick und mir wurde augenblicklich klar, dass ich sie haben musste. Als wenn sie mich erhört hätte sagte sie mit säuselnder Stimme:
"Dann schlage ich vor, dass sie mich heute Abend beim Essen näher in Augenschein nehmen und wir zusammen speisen."
"Geht klar", krächzte ich jetzt ganz ungalant. Es war das Einzige was ich in diesem Moment noch über die Lippen bringen konnte.
Beim Abendessen hatte ich mich dann wieder gefangen. Wir tranken einen sehr guten Rotwein zum Essen und wir sendeten zunehmend auf einer Wellenlänge. Nach dem Essen gingen wir rüber in die Bar und ließen es uns auch an der Theke gut gehen. Als der Barkeeper seine Müdigkeit mit einem lang andauernden Gähnen preis gab und außer uns auch keine weiteren Gäste mehr anwesend waren, entschlossen wir uns, ins Bett zu gehen. Mit leicht unsicheren Schritten gingen wir den Korridor entlang und endeten schließlich zusammen in ihrem Zimmer. Sie schloss die Tür hinter sich ab. Kaum war dies geschehen wirbelte ich sie herum und schlang die Arme um sie. Sie ließ sich nicht zweimal bitten, drängte sich mir entgegen und zusammen fielen wir auf den mit einem dicken Teppich überzogenen Boden. Unsere Zungen wirbelten umeinander wie zwei sich in die Quere kommende Tornados. Ich riss ihr das Kleid regelrecht vom Körper. Dann stutze ich kurz, als ich bemerkte, dass weitere Hindernisse nicht im Weg waren. Dieses Luder lief ohne Unterwäsche herum. Irgendwie machte mich diese Sache noch wilder. Wir drehten uns um, so dass ich nun oben lag und ich meinen Oberkörper aufrichten konnte. Ohne Anstrengung zog ich mein Shirt aus. Da die Hose noch im Weg war stand ich keuchend auf und streifte sie mir ab. Sie hatte die Zeit genutzt und sich aufs Bett gewunden und lag dort wie eine Venus. Ihr obszöner Blick auf meine steif aufgerichtete Männlichkeit machte mich rasend. Ich konnte nicht mehr klar denken, überwand die zwei Schritte, die uns trennten wie im Sprung und stürzte mich auf sie. Bis zum Höhepunkt dauert es leider nicht all zu lange und so lagen wir bereits wenig später entspannt neben einander und jeder hing seinen Gedanken nach. Ich glaube, ich habe nie eine Frau so begehrt wie sie und dies zeigte ich ihr nicht nur in dieser Nacht.
Die Tage verflogen wie im Traum. Tagsüber das sagenhafte Land der Pharaonen unter den Füßen und nachts Isabell an meiner Seite. Ich entwickelte auch keine Schuldgefühle meinem Auftraggeber gegenüber. Isabell erzählte mir, dass ihre Ehe nur noch auf dem Papier existiert und ihr Mann ihr schon mehrmals mit der Scheidung gedroht hatte. Sie nahm es gelassen hin. Sie wusste ja, dass er sie auszahlen musste und sie damit abgesichert in die Zukunft blicken könnte. Einen eigenen Namen als Rechtsanwältin hatte Isabell sich ja mittlerweile erarbeitet und sicherlich würde sie eine Menge Klienten mit sich ziehen.
Ich nahm mir also vor, die restlichen Tage weiterhin zu genießen und meinen Abschlussbericht etwas zu frisieren.
Am letzten Tag der Rundreise waren wir in Kairo angekommen und hatten heute als Höhepunkt der ganzen Reise die Pyramiden von Gizeh besucht. Der Anblick der steinernen Monumente beeindruckte sehr und beschäftigte uns auch noch beim abendlichen Candlelight-Dinner. Beim Gespräch über die Wunderwerke ließen wir uns genüsslich die einheimischen Speisen schmecken und eine ägyptische Folkloregruppe untermalte die ganze Veranstaltung mit orientalischer Musik. Für die fortgeschrittene Stunde war noch eine Bauchtänzerin arrangiert worden und wir freuten uns schon auf die erotische Darbietung. Als wir die Nachspeise serviert bekamen wurde Isabell nachdenklich. Nachdem sie eine Weile schweigend vor der Umm Ali, eine zauberhafte Speise mit überbackenen Nüssen, Sahne und Rosinen, gesessen hatte, fragte sie mich:
"War es das jetzt?"
Darüber hatte ich auch schon nachgedacht. Sie zog mich an wie ein Magnet, doch konnte ich es mir nicht leisten, die kommenden Aufträge von ihrem Mann zu verlieren. Es ging mir zwar finanziell nicht schlecht, aber solch eine Garantie für Aufträge wie es mir Teutschner bot, war nicht zu verachten. Ich könnte dann endlich über mehrere Monate hinweg planen. Auch müsste ich nicht jeden Auftrag annehmen, der mir angeboten wurde. Dies wäre eine Freiheit, die ich mir bisher nicht leisten konnte. Nachdem ich das Für und Wider abgewogen hatte, war ich zu einem Ergebnis gekommen:
"Denke schon, zumindest offiziell. Wir können ja mal sehen, wie wir die Sache zu Hause angehen."
Es verwunderte mich ein wenig, dass sie meine Antwort relativ gelassen aufnahm sagte aber erstmal nichts. Sie löffelte ein wenig an ihrer Nachspeise und antwortete schließlich:
"O.K. Mein Mann muss ja nichts erfahren, oder?"
Erleichtert stimmte ich zu:
"Sehe ich auch so."
"Du hast damit keine Probleme?"
"Nein, Du?"
Sie schüttelte den Kopf und lächelte mich verschwörerisch an.
Nachdem wir nun alles geregelt hatten stand einem schönen Abend und einer durchtriebenen Nacht nichts mehr im Wege.
Am nächsten Morgen flogen wir pünktlich in Kairo ab. Wir verabschiedeten uns bereits vor dem Abflug, schließlich sollte niemand am Ankunftsflughafen uns gemeinsam sehen und eventuell ungewollte Schlüsse ziehen.
Wie es meine Gewohnheit war, fuhr ich nach der Landung vom Flughafen aus direkt ins Büro, um nach dem Rechten zu sehen. Meine Sekretärin war immer noch krank und so blieb mir nichts anderes übrig, als erst einmal die Post zu studieren. Vertieft in dieser Tätigkeit hatte ich das Klopfen überhört und so schreckte ich nervös auf, als plötzlich Teutschner vor mir aufragte. Ein wenig ärgerlich über die Störung versuchte ich trotzdem höflich zu bleiben. Es hing ja nun mal viel von diesem Mann ab. Und so sagte ich freundlicher als in einer solchen Situation von mir üblich:
"Setzen Sie sich doch. Sie bekommen meinen Bericht so schnell wie möglich schriftlich."
Er schmunzelte, was ich gar nicht einsortieren konnte.
"Klar. Ich möchte nur schon mal vorab im Bilde sein. Die Folgeaufträge stehen an, sie wissen, was ich meine."
Ich nickte. Jetzt musste ich also mein Poker-Face aufsetzen, damit er auch wirklich überzeugt nach Hause ging:
"Ich kann es kurz machen: Nichts! Sie war die Tugend in Person. Keine Liebelei, überhaupt gar nichts."
Er schmunzelte immer noch und fragte:
"Sind Sie sicher?"
"Absolut!"
Er lächelte nun breit über beide Backen. Mit einem kurzen "Danke" drehte er sich um und ging zur Tür. Verdutzt und einen Moment wortlos blickte ich ihm hinterher. Als er schon die Klinke in der Hand hatte, konnte ich ihn gerade noch mit einem, "Warten Sie doch bitte noch einen Augenblick", aufhalten.
"Ja?", fragte er.
"Bekomme ich nun die Aufträge? Sind wir Partner oder nicht?"
"Nein.", sagte er bestimmt und für mich vollkommen überraschend.
"Wieso nicht?"
"Ganz einfach." Er öffnete die Tür und winkte jemanden mit einer einladenden Geste zu. Ich konnte die Person nicht erkennen, da Teutschner den Blick versperrte. Umso größer war die Überraschung. Mir brach der Schweiß aus allen Poren und ich musste mich setzen. Herein kam niemand Geringeres als Isabell.
"Isabell!", stellte ich überflüssigerweise fest.
"Ja, mein süßer Hengst", säuselte sie mit gespielter Ernsthaftigkeit und gleichzeitig nahm sie mir damit alle Hoffnung, dass ihr Mann ahnungslos über unsere Beziehung war.
"Aber was? Wieso…?"
Und bereits ein wenig resignierend bat ich:
"Kann mir jemand die Sache erklären?"
Teutschner ließ sich nicht zweimal bitten und ich merkte ihm an, dass er seine Freude an der ganzen Situation hatte:
"Sie wissen noch, was ich mit dem Auftrag feststellen wollte? Ob Sie loyal und verschwiegen sind, darum ging es die ganze Zeit. Unsere Kanzlei läuft ausgezeichnet und so soll es bleiben. Wir benötigen tatsächlich einen zuverlässigen Detektiv. Isabell und ich waren uns einig, dass die Zuverlässigkeit auf das schärfste überprüft werden müsste. Und so kamen wir darauf, dass Isabell selbst die Verführerin spielen solle. Wissen Sie, unsere Ehe ist mittlerweile nur noch eine Zweckgemeinschaft. Jeder geht seiner Wege, jeder von uns beiden führt sein eigenes Leben. Aber in geschäftlichen Dingen ziehen wir an einen Strang. Das Ergebnis gibt uns Recht. Wer versichert uns, dass sie nicht mit der Gegenseite ins Bett gehen und uns anschließend eine Lüge auftischen? Ich kann Ihnen zwar Verschwiegenheit attestieren, aber Loyalität mit Sicherheit nicht."
Staunend schüttelte ich den Kopf. Ich musste den Beiden zugestehen, dass die Prüfung raffiniert ausgeklügelt war. Sie hatten eine eindeutige Antwort erhalten. Ich fühlte mich wie ein Schuljunge, der zum ersten Mal beim Pfuschen erwischt wurde. Wie einen Anfänger haben sie mich vorgeführt.
Da nichts mehr weiter zu sagen war, verabschiedeten sich die Beiden und ließen mich alleine.
In die Stille meines Büros hinein sprach ich mit einem höhnischen Unterton zu mir selbst:
"Jetzt verstehe ich, was Sie meinen."



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